17 Januar, 2010

Radreise 2007 / 2008

Der Weg ist das Ziel...

Endlich erfüllen wir uns unseren großen Traum!!! Andre und ich für ca. ein Jahr auf dem Rad. Weniger geht es um die sportliche Herausforderung, als viel mehr um die Landschaften, Menschen und Erfahrungen einer solchen Reise. Mit großem Interesse verfolgen wir schon eine ganze Zeit Fahrrad-Reisen im Internet. Und nach unserem eigenen zweimonatigen Neuseelandaufenthalt, in dem ich meine ersten Fahrradreiseerfahrungen sammelte, beschlossen wir, Europa und Asien in einer längeren Tour zu beradeln. Seid 2 Jahren also warten wir, dass es endlich losgeht. Und nun sind es nur noch knapp 2 Monate. Um den 05. 05. 2007 soll es losgehen, mit dem Ziel Thailand. Aber ob es unser wirkliches Endziel bleibt, entscheiden wir je nach Lust und Geldbeutel.


Auf unserer Website haben Freunde und Interessierte die Möglichkeit, sich über unsere Reise auf dem Laufenden zu halten. Wir hoffen ihr habt Spaß an unseren Bildern und unserem Tagebuch. Und eventuell bekommt ihr ja auch Lust?! Wenn ihr Fragen habt oder einfach Kontakt mit uns aufnehmen mögt, schreibt uns doch einfach eine Mail. Wir freuen uns ganz sicher!





Deutschland I

Recke – Gatersleben 06.05.2007 – 10.05.2007

Die erste Woche unserer Reise liegt schon fast hinter uns. Was soll man dazu sagen: Der Regentanz der Bauern hat große Früchte getragen. 6 Wochen Sonnenschein endeten abrupt. Ich muss mal kurz die ersten 3 Tage einzeln auflisten, damit ihr ein Gefühl dafür bekommt, wie extrem die Wetterveränderungen waren:
Sonntag: 28°C die Sonne beschert uns unseren ersten Sonnenbrand
Montag: 14°C Regen, Regen, Regen (damit hatte unsere Haut Zeit sich zu erholen)
Dienstag: 8°C !!!! und das nachmittags, aber welch Freude, es hat erst mittags angefangen zu regnen, wie dumm nur, dass wir erst um halb elf los sind.


Wo ist der Mai?! Dieses Aprilwetter ist doch doof! Aber da müssen wir wohl durch. Der starke Wind, der uns die letzten Tage um die Ohren pfiff, war zum Glück eine echte Hilfe. Es war nämlich fast ausschließlich Rückenwind. Und so haben wir trotz des Wetters bis Donnerstag fast 400 km hinter uns gebracht. Jetzt verbringen wir noch ein paar Tage bei meiner Familie und lassen uns mästen. Wir hoffen, dass es am Montag schon weitergehen kann. Es wäre zwar schön, wenn das Wetter besser würde, aber danach sieht es ja nicht ganz so aus. Eigentlich ist abgemacht, dass wir bei Regen hier im Trockenen abwarten, aber Andre hat schon Hummeln im Arsch. Ich denke bei wechselhaftem Wetter starten wir. Bei Dauerregen und Gewitter machen wir es uns gemütlich. Man wird es sehen.



Deutschland II

Gatersleben - Dresden 19.05.2007

Nachdem wir aufgrund des schlechten Wetters zwei Tage länger in Gatersleben bei Judiths Familie geblieben sind, haben wir uns am Mittwoch in Richtung Dresden aufgemacht. An dieser Stelle noch einmal ein großes Dankeschön an Marion und Mario für die schönen Tage bei euch. Wie sich jetzt herausstellte, hatten wir alles richtig gemacht. Außer Mittwoch Nacht regnete es bis Dresden nicht mehr. Im Gegenteil, die Temperaturen sind so gestiegen, dass man sich problemlos in der Sonne wälzen konnte. Vom Elberadweg sind wir beide sehr begeistert. Der Weg ist gut ausgebaut, man kann fast überall sein Zelt aufschlagen, die Menschen sind freundlich und hilfsbereit. Die Landschaft wechselte bisher von sehr flach, mit langgestreckten, naturbelassenen Wiesenflächen, zu etwas hügelig mit Weinbergen. Unser heutiger Sightseeing-Tag in Dresden war entspannt und schön. Zur Belohnung für die ersten Kilometer haben wir uns dann noch einen dicken Eisbecher gegönnt. Es ist eine wirklich schöne Stadt. Nur der Elberadweg rings um Dresden herum war heute ein Zustand, quasi ein Highway. Es ist Sonntag und es scheint so, als hätte sich die gesamte Stadt mit dem Fahrrad, Inlinern, dem Kinderwagen oder aber joggend auf diesem schmalen Weg versammelt. Ein Graus! Morgen fahren wir noch einmal in die Stadt, um ein paar Sachen zu kaufen. Man kann nur hoffen, dass der Großteil dieser Leute keinen Urlaub hat.




Tschechien I

Dresden - Prag 24.05.2007

Vorgestern haben wir nun endlich die erste Grenze hinter uns gelassen. Goodbye Germany. Schon ein tolles Gefühl. Knapp 800 km sind wir bis dorthin gefahren. Von dem Elbsandsteingebirge haben wir leider nicht so viel gesehen. Es ging zwar teilweise gut bergauf und bergab, aber für die wirklich schönen Ausblicke waren wir auf der falschen Seite des Elberadweges. Aber was soll´s, dafür waren wir auf der richtigen Seite als es um die Stempelvergabe ging. Andre hat mit der Grenzpolizistin geflirtet, um den tschechischen Einreisestempel zu bekommen. Sie kam dann wieder und meinte: ``Hab ich eigentlich erwähnt, dass ein Stempel 20 € kostet?´´ Sehr witzig!
Unsere erste Nacht in Tschechien verbrachten wir auf einer Hundewiese, nicht weit entfernt von einem schönen Häufchen. Aber wir hatten sehr viel Glück, diesen Platz gefunden zu haben, denn kaum saßen wir in unserer Luxusunterkunft, fing es heftigst zu regnen und gewittern an.
So gut der Elberadweg auf deutscher Seite ausgebaut ist, so schlecht ist er auf der tschechischen Seite. Wir hatten ganz schöne Probleme, teilweise überhaupt einen Weg zu erkennen. Ganz schlau von uns war die Tatsache, ohne Karte durch Tschechien reisen zu wollen. Wir hatten uns nur ein paar Ortsnamen aufgeschrieben und wollten so zu unserem Zeltplatz fahren. Man muss schon sagen, die Tschechen sind echt nett, alle haben uns mit viel Gestikulieren versucht weiterzuhelfen und sich dafür auch gut Zeit genommen. Nur einer schickte uns prompt, bestimmt nicht mit Absicht, in die falsche Richtung. Und wir waren doch schon so fertig... Nach langem Suchen kamen wir dann doch auf diesem wunderschönen Zeltplatz an. Am späten Abend leisteten wir uns zum ersten Mal ein Essen `auswärts´. Mmmh lecker!
Heute ist nun unser Ruhetag und morgen fahren wir von hier aus mit dem Zug nach Prag. Ein wenig sightseeing ist wieder einmal angesagt, bevor es in 2 Tagen weiter in Richtung Wien geht (mit Karte)...



Tschechien II

Prag - Wien 29.05.2007

Nachdem wir Prag verlassen hatten, befuhren wir eine gut ausgeschilderte Asphaltstrasse in Richtung Österreich. Es handelt sich um den Prag-Wien-Weg. Er führt durch schöne Wälder, kleine Dörfer und durchweg wenig befahrene Strassen. Natürlich, wenn man schöne Ausblicke haben will geht es zwangsläufig auch nach oben - und es ging oft bergauf und wieder bergab. Der ganze Weg ist 450 km lang, wir verließen ihn allerdings an der Grenze, um in Österreich einen Zeltplatz anzufahren.
Wir haben uns übrigens eine Karte in Prag gekauft. Sie ist wie für uns gemacht, sie beinhaltet Tschechien, Österreich, die Slowakei und Ungarn. Sie hat nur 3 Nachteile:
Sie ist wirklich groß!
Die eingezeichneten Zeltplätze existieren zum Teil nicht (und es wurden nicht sehr viele eingezeichnet) oder es handelt sich um "halbwilde" Zeltplätze, wie zweimal erlebt. Dadurch haben wir in Tschechien ganz gut Geld gespart, nur kostete die Suche auch ganz gut Nerven.
klitzekleiner Nachteil: Die Legende der Karte wurde genau auf unseren anvisierten Grenzübergang nach Rumänien gesetzt. Wie doof aber auch, daran hätte der Hersteller auch denken können :-(




Österreich

Wien 03.06.2007

Wie gesagt, wir überquerten die Grenze, um einen Zeltplatz anzufahren. Doch wie konnte es anders laufen: Der Zeltplatz wurde vom Hochwasser weggespült und nicht wieder aufgebaut. Ich schwöre! Doch heute hatten wir mehr Glück: 10 km weiter wartete ein sehr schöner Zeltplatz, in einem Naherholungsgebiet gelegen, auf uns. Durch Regen und Kälte am nächsten Tag noch in Geras festgehalten, lernten wir die absolute Freundlichkeit der Österreicher schätzen. Die Campingwartin hatte Mitleid mit uns in unserem Zelt und überließ uns einen Raum mit eigenem Bad, Matratzen und das Beste: einem Heizlüfter. Hier konnte man es aushalten.
Am nächsten Tag ging es bei gutem Wetter und mit vielen guten Wünschen der restlichen Camper, die uns herzlich verabschiedeten, weiter. Überhaupt sind uns in den Tagen hier in Österreich sehr vielen Menschen begegnet, die auf uns zu kamen und fragten, ob sie uns helfen könnten, oder die einfach nur einen netten Schnack halten wollten. Es sind sehr freundliche und offene Menschen und damit hatte ich nicht gerechnet...
Von Geras führte uns der Weg durch das schöne Kremstal bis zur Donau. Von hier ging es auf den Donauhighway Richtung Wien. Kurz vor Wien suchten wir uns in Tulln einen Zeltplatz, um erst einmal einen Tag Pause einzulegen. Gestern ging es mit dem Zug ins schöne Wien. Wir sollten Glück haben, der Touristenandrang war gestern nicht sehr groß. In aller Ruhe konnten wir den ganzen Tag durch die Stadt gehen und ließen die vielen wundervollen Sehenswürdigkeiten auf uns wirken. Uns ist klar, dass man, um die Stadt wirklich kennenzulernen, viel mehr Zeit bräuchte und die möchten wir uns ein andermal auch nehmen. Auf dieser Reise begnügen wir uns zunächst einmal mit dem ersten Eindruck. Einen Tipp hätten wir noch für die Österreichreisenden unter euch: Bei verschiedenen Banken und bei allen Mc´Donalds Filialen kann man das Internet kostenlos benutzen.


 
Slowakei

Bratislava 06.06.2007

Nachdem wir aus Tulln bzw. Wien weiterfuhren, ging es über den sehr gut ausgebauten Donaudamm durch die Donauauen Richtung slowakische Grenze. Auf diesem Weg gibt es allerdings überhaupt keine Zeltplätze und so blieb uns nichts anderes übrig als vom Weg ab zu fahren, um uns einen schönen Platz an der Donau zu suchen. Was dessen Förster nicht so toll fand. Dieser schickte uns 10 km weiter zu einer Plattform, unter der man zelten kann, die aber bisher noch nicht ausgeschildert ist. Der Platz und unser schönes Lagerfeuer machten das wiederholte aufbauen des Zeltes wett. Am nächsten Tag ging es schon morgens über die Grenze der Slowakei. Von Bratislava waren wir überrascht. Eine schöne Stadt. Und auch das dahintergelegene Naturschutzgebiet ist schön. Wir hatten allerdings mit einem armen Land gerechnet und das ist die Slowakei bei weitem nicht. Die Preise in den Lebensmittelmärkten entsprechen den deutschen, uns sind fast nur neue Autos begegnetet und überall stehen neue Häuser... Mit den Menschen haben wir leider keine so guten Erfahrungen gemacht, als wir z.B. an einem Yachtclub ankamen, bei dem zelten ausgeschildert war, wurde Andre gesagt: "Hier nur zelten im Sommer." Unglaublich! Was haben wir denn? ...
Als wir morgens beim Frühstück in Kamarno saßen, ging in einer Nachbarstraße eine Polizeisirene, dann kam eine Durchsage und plötzlich Schüsse, wildes diskutieren und Hundegebell. Ihr hättet mal unsere Gesichter sehen sollen. Wir sitzen dort, mitten in diesem heruntergekommenen Viertel, Mauern umgeben uns, das Tor muss man immer abschließen und da fallen Schüsse. Vor allem, keiner der Rentner um uns herum reagiert. Danach kamen immer wieder Schüsse und Hundegebell vom Fussballplatz nebenan. Doch diese hörten sich nach einer Weile arg nach Platzpatronen an. Es handelte sich um eine Polizeiübung mit ihren Hunden. Ha-Ha! Selten so gelacht...



Ungarn I

Budapest 09.06.2007

Wir sind momentan auf einem Zeltplatz in Budapest. Es sind noch ca. 12 km bis ins Zentrum. Als wir gestern hier ankamen, dachten wir, wir seien schon im Zentrum und könnten uns alles zu Fuß ansehen. Aber irgendwie hat uns ein günstiger Wind genau auf diesen Zeltplatz gebracht. In den letzten Tagen sind ein paar Problemchen an unseren Rädern aufgetreten, die Andre ohne weiteres nicht beheben konnte. So fuhr er gestern mit meinem Rad los, um einen Fahrradladen zu suchen. Direkt um die Ecke wurde er fündig und hat einen kleinen Zweiradladen gefunden. Der Besitzer, Gorge, hat sich sofort Zeit genommen und im Handumdrehen hatte er meine Gangschaltung in Ordnung gebracht. Auf seine Frage hin, ob noch etwas nicht in Ordnung wäre, entgegnete Andre, er habe noch ein zweites Rad, an dem die Schaltung etwas verbogen sei. Gorge erklärte sich trotz Ladenschluß sofort bereit, sich das Problem anzuschauen ... Zurück zum Zeltplatz und zweites Rad geholt. Zwischenzeitlich kam Janos, ein Stammkunde, der zudem gut Deutsch spricht und konnte somit dolmetschen. Nachdem die Schaltung wieder gerade gebogen und eingestellt war, kam die Frage auf, woran es liegen kann, daß sie nun schon zum zweiten Mal verbogen wurde? Die Antwort war: der Anhänger. Er stößt bei jeder Unebenheit auf der Straße gegen die Schaltung und verbiegt sie nach und nach. Auch hier hatten wir Glück, auf Gorge gestoßen zu sein. Er kannte im gleichen Bezirk einen Mann, der Anhänger wie meinen in Eigenproduktion individuell für Kunden anfertigt. Gorge also ans Telefon und nach einigem hin und her und einem Zwischentelefonat mit Janos (zum Dolmetschen) sind wir dann zu Ledeczi gefahren. Ledeczi erkannte das Problem sofort und hat uns innerhalb von vier Stunden eine neue Aufhängung geschweißt und das an einem Samstag!!! Mann, was haben wir ein Glück, hier gelandet zu sein und diese supernetten Leute getroffen zu haben!!!!!!!!!!



Ungarn II

Ungarn - Rumänien 20.06.2007

Nachdem unsere Räder und der Anhänger repariert waren, habe ich mich bei Gorge mit einem Bierchen bedankt. Als es heftig zu regnen anfing und stürmisch wurde, blieb es aber nicht bei dem einen... Am Tag darauf haben wir uns Budapest angesehen. Die Stadt hat sehr viele historische Gebäude und man bräuchte sicherlich eine Menge Zeit, sie alle zu entdecken. Wir mussten uns mit dem Eindruck einer Stippvisite zufrieden geben, da wir darauf brannten, das Land kennen zu lernen.
In den nächsten Tagen sind wir immer in Richtung Osten geradelt. Vorbei an endlosen Feldern mit Getreide, Obstplantagen und Sonnenblumenfeldern. Ungarn ist ein sehr fruchtbares Land. Bevor es nach Rumänien ging, gönnten wir uns einen Tag in einem der zahlreichen Thermalbäder, um ein wenig zu entspannen. Hier haben wir viele deutsche Rentner getroffen, die mehrere Wochen oder gar Monate von einem Bad zum anderen fahren.
Nach dieser Erholung ging es nach Rumänien, wo wir seit einigen Tagen sind. Doch dazu gibt es in Kürze einen ausführlichen Bericht.



Rumänien I

15.06.2007 – 09.07.2007

Zuerst einmal möchte ich mit den rumänischen Vorurteilen aufräumen:
Blutsauger: Da haben wir noch mal Glück gehabt: Außer im Donaudelta, wo einige kleine Vertreter Draculas auftraten, wuden wir nicht belästigt.
Knoblauch: Ja, bei einer Gastgeberin haben wir Knoblauch gesehen, allerdings schob sie sich eine Zehe nach der anderen in den Mund. Vielleicht sahen wir in ihrer Wohnung keinen Knoblauch, weil ihr bei dem Verbrauch die Knollen ausgegangen sind.
Pferde und Eselkarren: Oh ja, davon gibt es sehr viele, sie holen Heu ein oder fahren mit ihren (Groß-)Familien auf den kleinen Karren durch die Gegend. Nur sieht man heute des öfteren den alten Bauern beim Fahren mit einem Handy telefonieren. Die Krönung ist dann noch, wenn er eine quietschgelbe Warnweste trägt. Das Tragen dieser Westen ist in einigen Regionen des Landes angesagt – auch auf Fahrrad und Mofa. Das liegt an den wildgewordenen rumänischen Audi-, BMW- und Mercedesfahrern, von denen es viele gibt und die mit den Pferdestärken ihrer Autos noch nicht ganz umgehen können und viele waghalsige Überholmanöver starten.
Hacke und Sense: Werden noch sehr häufig auf den Feldern verwendet. Aber auch Freischneider kommen mittlerweile des öfteren zum Bearbeiten eines kleineren Feldes zum Einsatz.
Rumänenbanden: Der Grund, warum einige nicht in dieses schöne Land reisen mögen. Wir wurden zum Glück verschont. Zwar haben wir noch drei Tage Rumänien vor uns und man soll den Tag nicht vor dem Abend loben, aber wir haben uns in den letzten drei Wochen nicht einmal bedroht gefühlt. Im Gegenteil, die Rumänen sind äußerst freundliche und hilfsbereite Menschen. Uns wurde oft geholfen oder wir wurden eingeladen.


Rumänien ist ein Land mit vielen Gegensätzen. Man merkt den Umbruch von der Vergangenheit in die Moderne. Einerseits sieht man noch viele Frauen mit Kopftuch und Kleid, dann die Esel- und Pferdekarren. Dazu gesellen sich auf dem Land die vielen frei durchs Dorf laufenden Hühner, Enten, Schweine etc.
Schaf-, Ziegen- und Kuhhirten wandern mit ihren Herden über die Weiden. Beim wildcampen hatten wir eigentlich immer Besuch, selbst wenn wir meinten, daß das Zelt absolut abgelegen sei, innerhalb kürzester Zeit tauchte eine Herde auf....
In den Dörfern gibt es unzählige “Magazins” – kleine Tante-Emma-Läden. Das Wasser holt man noch aus dem Brunnen. Wenn kein Dorfbrunnen vorhanden ist, konnten wir immer bei Einheimischen nachfragen, die gerne ihren Brunnen zur Verfügung stellten und plötzlich kann es sein, dass man dir noch 1 ½ Liter selbstgemachten Wein in die Hand drückt. Sehr nette Menschen!!! Wir haben in den drei Wochen ca. 15 Wörter rumänisch gelernt und die Leute freuen sich unglaublich über deinen sparsamen Wortschatz.
Das ist die eine Seite des Landes. Die andere sind die neuen Autos auf viel zu kleinen und oft kaputten Strassen. Man fragt sich immer wieder, wie sie sich das leisten können. Dann in den Städten die Supermärkte: Plus, XXL Penny usw. Man muss bedenken, dass die Leute zwischen 200-500 € in den Städten verdienen. Zwar bezahlen 90% der Bevölkerung keine Miete, aber es ist trotzdem verdammt wenig Geld. Die Abwanderung der letzten 10 Jahre beträgt 5 Mio. Darunter viele Sachsen, die nach Deutschland, Irland, England usw. zurückgekehrt sind.
In Siebenbürgen leben die Sachsen, daher kann man dort noch oft deutsch sprechen. Sie haben in Siebenbürgen vor 600 Jahren Wehrkirchen aufgebaut, um das Land vor den Türken zu schützen, die damals das Land bedrohten. Zu diesem Zweck wurden sie vom ungarischen König geholt. Über die Karparten sind wir dann in Richtung Donaudelta geradelt. Zwischen den Karparten und dem Donaudelta liegt ein ca. 100 km langer, sehr fruchtbarer Landstrich. Von Braila ging es nach Tulcea, wo wir zwei andere Radreisende getroffen haben. Tanja und Denis sind seit 16 Jahren (!) auf grosser Tour. Sie bewegen sich mit unterschiedlichen Fortbewegungsmitteln. So haben sie die Wüste Taklamakan mit Pferden durchquert und sind schon mit Kamelen und Elefanten unterwegs gewesen. Zur Zeit radeln sie in Richtung Sibirien und wollen dann nach Burma.



Rumänien II – Donaudelta

03.07.2007 – 07.07.2007

Eines unserer großen Highlights bisher ist das Donaudelta. Schon bevor wir richtig ankamen flog ein riesiger Pelikanschwarm über uns hinweg. Wir fuhren nach Murighiol, wo wir eine Adresse von anderen Reisenden hatten. Zum Glück wussten wir schon vorher, was wir preislich zu erwarten hatten. Die Unterkunft bei Octivian und Lilli war nicht einmal das Problem. Pro Nacht 10 € pro Person kann man sich ja leisten. Zelten ging nicht, da sie nur für Caravan die Erlaubnis haben und es keinen Campingplatz mehr gibt. Aber die Fahrt ins Donaudelta kostet für einen ganzen Tag 80 € pro Person und hätten wir nicht schon zuvor von den anderen gewusst, dass es sich absolut lohnt, hätten wir die Fahrt ganz bestimmt nicht gemacht… So verbrachten wir erst einmal einen Ruhetag bei den Beiden. Abends wurden wir von Lillis Mutter mit Fisch bekocht. Für 7 € gab es ein Drei-Gänge-Menue mit Hecht, Wels, Karpfen und Hechteiern. Am Tag drauf fuhren wir mit einem kleinen Boot ins Delta. Dort fuhr Octivian in kleine Kanäle. Er hat einen guten Blick für die Tiere und hielt immer wieder an. Trotz unserer Sprachschwierigkeiten – er spricht weder englisch noch deutsch – war es absolut super. Octivian hat sich in seinem Tierbuch viele Vogelnamen in deutsch und einigen anderen Sprachen vermerkt und so beschrieb er uns immer wieder, was wir gerade sahen. Und wir hatten an dem Tag viel Glück. Immer wieder sahen wir Pelikane. Diese gigantischen Tiere waren absolut beeindruckend. Eisvögel, Kormorane, Löffler, Schildkröten, Wasserschlangen, Wildhunde und eine Menge weitere Tiere, deren Namen wir nicht mehr wissen. Und dann das absolute Mega-Highlight: der Seeadler!
Wie beeindruckend!!! Man stelle sich vor, wir sitzen in diesem Boot mit unserem Guide Octivian, der ebenfalls permanent Fotos machte, um eine Mappe für Touris zusammenzustellen, und sich in seiner Begeisterung wie ein kleiner Junge benahm und eigentlich der dritte Touri an Bord war. Er verfolgt den Seeadler, der majestätisch vor uns schwebte. Als dieser über uns hinweg wieder zurück fliegt, wenden auch wir und fahren langsam auf den Seeadler zu, der uns beobachtet und erst kurz vor uns wieder abhebt. Zu Hause angekommen, wird Octivians neuer Computer auf der Terasse aufgebaut und Bilder verglichen. Mann, waren wir aufgekratzt. Wir hatten wirklich Glück mit den Tieren, denn es muss nicht immer sein, dass man so viele sieht; z.B. Pelikane, manchmal sieht man einen, manchmal eine Gruppe von 300 Tieren. Und Seeadler sieht man äußerst selten. Wir waren von morgens 7 Uhr bis nachmittags 17 Uhr unterwegs. Darum mag ich euch, für den Fall jemand kommt ins Donaudelta, die Adresse geben:
Lilli & Octivian Glodian
Murighiol - Tulcea
Tel: 0744175581 / 0740501297


 
Rumänien III

Seit 5 Fahrtagen haben wir nun schon starken Gegenwind, der uns sehr fertig macht. Da wir weiterhin am schwarzen Meer entlang Richtung Bulgarien fahren, können wir nur hoffen, dass der Wind endlich wieder verschwindet, oder in Rückenwind übergeht… Unser Anhänger hat uns noch einmal Probleme gemacht. Eine Strebe ist gebrochen, aber nachdem Andre das Ganze zuerst einmal mit einem im Strassengraben liegenden Stromkabel provisorisch repariert hatte, ging es weiter. Ein Strassenarbeiter schweißte ihn uns ein paar Tage später unter grossen Anstrengungen.
Zu dem gebrochenen Anhänger kam dann noch der abgebrochene Zahn von Andre. Das erste kleine Stück ist bereits in Wien abgebrochen. Beim “Sonntagsbraten” ist dann aber noch ein größeres Stück abgebrochen, so dass er zum Zahnarzt musste. Nach einer einstündigen Behandlung war die Ecke wieder geflickt und Andre hofft, dass er weiterhin kraftvoll zubeißen kann.


La revedere
Judith & Andre




Rumänien IV - Statistik

10.07.2007

66 Tage sind wir nun unterwegs und haben uns gedacht, die vergangenen Tage nicht nur durch Berichte zu dokumentieren, sondern auch in ein paar Zahlen, die wir uns täglich notieren. Also:
66 Tage auf dem Rad, das waren 225,02 Stunden Arbeit in denen wir 3588,51 km pedaliert sind.
Der bisher höchste Punkt auf unserer Strecke lag bei 1300 m üNN und die längste Tagesetappe betrug 110,77 km.
66 Tage unterwegs bedeuten auch 66 Nächte schlafen. 47 Mal haben wir unser Zelt aufgeschlagen, davon 21 Mal irgendwo in der freien Natur oder im Garten von netten Einheimischen. Pensionen oder Hotels haben wir uns 12 Mal geleistet.
In der Kategorie "Platten" führt Andre mit (2) vor Judith (0).
In der Rubrik "verloren oder kaputt" gibt es bisher folgende Gegenstände zu beklagen:
Judiths alte Lenkertasche (wurde schon in Dresden durch eine neue ersetzt)
Halter für Andres Lenkertasche (Ersatz fliegt in Istanbul per Kurier ein...)
1 Schwamm
1 MP3-Player
1 MSR Handtuch (hat Andre in Slowenien liegen lassen)
1 Schnalle von Judiths Ortliebtasche
1 Querstrebe vom Anhänger, konnte aber von rumänischen Facharbeitern repariert werden (s. Bild)
Und zu guter letzt, das Wichtigste!!! Im Rennen um die Meisterschaft im Backgammon führt z.Z. Judith, aber dass wird sich noch ändern...



Bulgarien

13.07.2007 - 23.07.2007

Zwischen Rumänien und der Türkei gelegen, verfügt Bulgarien über einen ca. 300 km langen Küstenstreifen und lockt somit eine Vielzahl von Pauschaltouristen an. Da wir nach Constanca keine Lust hatten, durch die rumänischen Badeorte zu radeln und uns die Strasse nicht mit hunderten von Autos teilen wollten, sind wir ein Stück ins Landesinnere abgebogen und haben die Grenze bei Gerneral Toschevo überquert. Die Landschaft änderte sich sofort: war es auf rumänischer Seite noch die Monokultur, die die Landschaft prägte, wechselten sich auf bulgarischer Seite Sonnenblumen-, Mais- und Getreidefelder ab. Am zweiten Tag ging es zur Küste. In der Hoffnung, eine nette Küstenstrasse zu finden und den Blick aufs Meer geniessen zu können. Doch umso mehr wir uns den touristischen Badeorten Goldstrand und Sonnenstrand näherten, umso mehr wurden diese Blicke von Hotelburgen versperrt. Der Massentourismus hat in Bulgarien seit einigen Jahren Einzug gehalten und macht Mallorca Konkurrenz. Der Boom scheint aber seinen Höhepunkt noch nicht erreicht zu haben, so wird an vielen Stellen die Natur durch Hotelneubauten verschandelt. Campingplätze existieren nicht mehr, weil sie Hotelneubauten weichen müssen...
So auch in Nessebar. Auf der Suche nach einer Unterkunft abseits des Massentourismus lernten wir an einer Tauchschule Steffen und seinen Bruder Rene kennen. Nach einem ausführlichen Schnack konnte Steffen uns noch einen Platz zum Übernachten organisieren. Kurt, ein Bekannter von Steffen, war mit seinem Boot in Nessebar und erklärte sich spontan bereit, uns an Bord zu nehmen. So kamen wir in den Genuss, eine Nacht auf einem Boot verbringen zu können und am nächsten Morgen noch eine kleine Ausfahrt zu machen. An dieser Stelle noch einmal Danke an Kurt für die spontane und unkomplizierte Einladung!
Nach einem sehr schönen Abend mit Steffen und Rene haben wir Nessebar nach zwei Tagen verlassen. Hier haben wir wieder einmal gemerkt, daß es viele Menschen gibt, die völlig selbstverständlich bereit sind zu helfen. Danke euch drei für die schönen Tage. Von Nessebar nach Sozopol fuhren wir mit der Fähre, so konnten wir endlich den freien Blick auf das Meer geniessen.
Nach unserem Urlaub vom Urlaub ging es dann durch eine sehr schöne Berglandschaft zur türkischen Grenze. Zwei Tage radelten wir stetig bergauf, durch endlose Wälder und den Blick immer wieder frei für beeindruckende Ausblicke. Bulgarien war abwechslungsreicher als wir anfangs vermuteten und bleibt uns mit vielen schönen Erlebnissen im Gedächtnis.



Türkei I

24.07.2007 - 26.07.2007
Highway to Hell - Nach 40 km bergauf fahren auf der bulgarischen Seite änderten sich hinter der türkischen Grenze als erstes die Strassenverhältnisse. Kaum rollten wir über die Grenze der lang ersehnten Talfahrt entgegen, verwandelte sich der Strassenbelag in eine klebrige Masse. Der Teer hatte sich aufgrund der Hitze in Kaugummi verwandelt und bremste unsere Talfahrt. Natürlich setzte er sich auch zwischen Reifen und Schutzbleche. Abends reinigte Andre in mühsamer Kleinstarbeit die Räder, während ich mit der Bierbeschaffung beschäftigt war. Was aufgrund von sprachlichen Missverständnissen schief lief. Ich stand vor dem Kühlschrank des Geschäfts und fragte den Verkäufer: "Bier?". Er verstand mich nicht und ich dachte, wo ist denn das Problem, Bier heisst doch im englischen auch "beer", ist doch international. Ich kehrte ohne Bier zum Zelt zurück. Am nächsten Tag erfuhr ich den Fehler. "Bir" heisst auf türkisch "eins". Ich stand also vor diesem Kühlschrank und zeigte wie wild auf alles und sagte immer wieder eins, eins, eins...
Am späten nachmittag trafen wir noch Jörg. Er ist vor zwei Jahren in Deutschland zu Fuss mit einer Sackkarre gestartet. Das ganze Teil wiegt 110 kg und er rechnet damit, in sieben Jahren die Mongolei zu erreichen und dort die mongolische Staatsbürgerschaft anzunehmen. Das nächste, was sich hinter der Grenze änderte, war die Freundlichkeit der Menschen. Waren die Bulgaren doch eher zurückhaltend, wird man in der Türkei wieder häufig angesprochen und zum Cay (Tee) eingeladen; oder der Bauer, auf dessen Feld wir unser Zelt aufschlugen, kam mit Früchten aus der eigenen Ernte vorbei.
Seit Freitag sind wir nun in Istanbul. Der Weg hierher ist für Radfahrer nicht ganz leicht. Entweder setzt man sich frühzeitig in einen Bus, oder man folgt einer der viel befahrenen Strassen. Wir haben uns, nicht ganz freiwillig, für die Autobahn entschieden. In Deutschland unvorstellbar, interessiert sich hier nicht einmal die Polizei für zwei vollbepackte Radfahrer auf der Autobahn.



Istanbul

27.07.2007 - 09.08.2007
Nach der Höllenfahrt gab es zunächst einmal einen Ruhetag mit ganz vielen RTL-Soaps, bevor wir bereit waren, uns ins Istanbuler Leben zu stürzen. Die Stadt ist absolut gigantisch: mit 18 Millionen Einwohnern plus den nicht gemeldeten Bewohnern und den tausenden Besuchern täglich muss die Stadt einfach wiggelig sein. Scheinbar überall wird verkauft und alles in Mengen und Massen. Die ganze Stadt scheint ein einziger Basar zu sein. Oft hat sich eine ganze Strasse auf ein bestimmtes Thema spezialisiert, wie z.B. Fahrräder: da ist nicht ein Geschäft, sondern gleich 10 nebeneinander und alle bieten das Gleiche an. Kistenweise stehen Ersatzteile im Regal. Das Gleiche mit Haushaltswaren (eine Strasse mit Aluminiumtellern und Töpfen, die vor Ort hergestellt werden), sowie Schreibwaren. Von alters her wurden einzelne Stassenzüge den verschiedenen Gilden zugeordnet und das hat sich in Istanbul bis heute so gehalten. Dann gibt es noch die offiziellen Basare, gesehen haben wir den Kapali Çars,i (Grosser Basar) und den Gewürzbasar; die absolute Reizüberflutung...
Nur wenn Du etwas ganz spezielles wie z.B. Fahrradhosen gebrauchst, hast Du ein Problem. In der Türkei ist das Radfahren nicht so populär, daher war es ein Problem die von mir durchgesessenen Hosen zu ersetzen. Nach ewiger Rennerei war aber auch das geschafft. Zum Glück brauchten wir nichts spezielleres.
Zu unserem Sightseeing Programm gehörten natürlich auch die bekanntesten Moscheen. Diese beeindruckenden Bauwerke wurden zum Teil in einer Bauzeit von nur sieben Jahren errichtet! Man verliert allerdings schnell den Überblick, da sich vieles in ihrer Bauweise ähnelt. Zwar kleiner als die riesige Sueliymaniye- und die Blaue Moschee ist uns die Ruestem Pas,a Moschee als die mit Abstand schönste in Erinnerung geblieben. Natürlich gibt es nicht nur Moscheen in Istanbul, wir besuchten noch den Topkapi Palast, Sitz der osmanischen Sultane zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert. Die Yerebatan Sarnici, eine Zisterne aus dem 6. Jahrhundert, versorgte einst den Palst mit Wasser und ist noch heute gefüllt.
Andres Bruder kam in der zweiten Woche zu Besuch. Mit Reiner nahm das grosse Sightseeing Programm seinen Lauf. Abends gönnten wir uns oft ein paar ruhige Stunden am Ufer des Marmara–Meers. Leider endete sein Besuch mit dem Diebstahl seines Portmonnais, daher lernten wir noch die unorganisierte Polizei in Istanubul kennen. Zum Glück bekamen wir schon nach 11 Tagen unser Visum für den Iran, so dass es bereits einen Tag nach Reiners Abreise auch für uns weiter gehen konnte. Istanbul ist eine wirklich interessante Stadt, aber nach zwei Wochen raucht der Kopf und es müssen endlich wieder ein paar Fahrradkilometer her.
Seit Reiners Besuch sind wir unter anderem stolze Besitzer eines Allesbrenners und so ist die elendige Suche nach Spiritus für unseren Trangia-Kocher endlich zu Ende. Seit Rumänien suchten wir vergeblich und mussten daher oft kalt essen. Zudem versorgte er uns mit neuen Büchern und vielem mehr. Doch zu seinem Pech reiste er nicht nur mit schwerem Gepäck an, sondern auch ab.



Türkei II

10.08.2007 - 17.08.2007
Unser Verlassen Istanbuls lief so glatt, dass es fast schon unheimlich war. Wir hatten uns entschieden, nicht noch einmal die Autobahn zu benutzen, stattdessen fuhren wir mit der Fähre über den Bosporus auf den asiatischen Kontinent. Von dort ging es mit dem Bus ans schwarze Meer. Beides - Fähre und Bus - erreichten wir, ohne die Zeiten zu wissen, punktgenau. 4 Stunden später sassen wir auch schon am Strand.
Am zweiten Tag kamen wir nicht allzu weit. Wir lernten beim Mittag Jü..., wir wissen den Namen nicht mehr, aber seine Angestellten nannten ihn "Big Boss" und das passt. Also wir lernten Big Boss kennen und er lud uns auf seine Ranch ein, auf der er Kiwis, weisse Mandeln und Orangen anbaut. Wir waren gespannt. Von seinem Angestellten Hamdi herumgeführt, verbrachten wir einen schönen Nachmittag auf dem 80.0000 qm grossen Gut. Spät abends nach dem grillen kam der Muezin vorbei, um Big Boss und seine recht junge Frau zu vermählen. Gefeiert wird aber erst bei der staatlichen Hochzeit, daher waren nur zwei Trauzeugen dort. Wir bekamen gar nichts davon mit... Am nächsten Tag wurden wir von einem türkischen Fernsehteam augegriffen. Das war sehr lustig, denn die drei sprachen kein deutsch und nur sehr wenig englisch. Es wurden Notizen gemacht und immer man´ die Kamera draufgehalten. Wäre schon interessant gewesen zu sehen, was dabei rumkam. Zum Glück filmten sie uns kurz vor dem megasteilen Berg, 10 Minuten später und wir wären nassgeschwitzt gewesen!
Die Schwarzmeerküste verliessen wir aber schon nach 3 Tagen und fuhren in die wunderschönen Berge mit ihren Haselnussplantagen. Schon ein paar Berge weiter landeinwärts wurde es sehr kahl. Die Landschaft ist aber trotzdem sehr beeindruckend und man kann sich gar nicht sattsehen.
Die Gastfreundschaft der Türkei ist immer wieder überraschend, z. B. wenn dir plötzlich während der Fahrt Weintrauben gereicht werden. Wir hatten es auch schon oft, dass uns während einer Pause eine komplette Mahlzeit serviert wurde. Hat man eine Frage, werden alle Hebel in Bewegung gesetzt, im Dorf jemand deutschsprachigen zu finden. Als ein Transit anhielt wussten wir gar nicht wie uns geschieht, plötzlich sassen wir in diesem Auto und fuhren nach Ankara. Wir wurden von diesem sehr netten Herrn total überrumpelt. Sofort bereuten wir die Fahrt und mussten nun die 150 km ausharren, da an aussteigen nicht zu denken war. Der Mann sprach weder englisch noch deutsch. Wie hätte man ihm klar machen sollen, dass es nicht an ihm liegt, wenn man vor Ankara aussteigt. Einmal und nie wieder! Das schlechte Gewissen war überwältigend und so etwas sollte man sich für echte Notfälle aufheben. Egal wie nett es gemeint war.




Türkei III - Kappadokien

19.08.2007 - 24.08.2007
6 Tage haben wir hier in Ortahisar verbracht. Länger als beabsichtigt, aber zum einen ist diese Landschaft so beeindruckend, dass man Wochen bräuchte, um einen guten Gesamteindruck über die verschiedenen Täler, Schluchten, Festungen, unterirdischen Städte, Kirchen usw. zu gewinnen. Zum anderen lädt unser Zeltplatz zum Anhalten und Geniessen ein. Seit Österreich hatten wir keinen so sauberen Platz mehr, auf dem man sich zudem richtig wohl fühlt. Nicht schlecht bei der Wärme macht sich der grosse Pool, in dem man sich nach einer Wanderung abkühlen kann. Das wandern in dieser Gegend ist eigentlich wie das Spielen auf grossen Abenteuerspielplätzen. Überall gibt es etwas zu entdecken, eine Höhle oder eine Kirche oder einen dunklen Tunnel... und nichts ist abgesperrt! In Deutschland absolut undenkbar, kraxelten wir überall herum. Damit man sich die Gegend etwas besser vorstellen kann, hier ein wenig über die Entstehungsgeschichte:
Es handelt sich um ein 300 Quadratkilometer grosses Gebiet mit Erdpyramiden, Felswohnungen und -kirchen. Die tuffigen Felskegel, die je nach Gebiet rosarot, ocker, umbrafarben oder aschgrau sind, haben etwas märchenhaftes. Sie wurde von zwei Vulkanen gebildet, deren Ausbruch eine mächtige Tufflandschaft bildete. Während der Jahrtausende hat sich diese Ascheschicht verfestigt. Als der Tuff vom Wasser abgetragen wurde, bildeten sich die typischen Erdpyramiden, Felskegel und wellenartigen Formen. Je nach Stärke der Abtragung gibt es heute dicht zusammenstehende Tuffgebilde oder auch fantastische Einzelexemplare. Manche von ihnen tragen einen Deckstein, den die Pyramidenspitze balanciert. Dieser Stein wurde von der Abtragung verschont, da das Material härter als das übrige Material ist.
Da das Tuffmaterial porös und weich ist, konnten die Bewohner es leicht bearbeiten. Wahrscheinlich wurde schon zur Bronzezeit in den Erdkegeln gewohnt. Später, unter römischer Herrschaft, versteckten sich dort die verfolgten Christen. In unterirdischen Stätten mit 8 Etagen versteckten sich bis zu 3000 Menschen. Ein Mühlstein wurde vor den Eingang geschoben und nun lebten sie dort bis zu einem Jahr.
Viele Kirchen und Klöster wurden vom 7. - 9. Jahrhundert in den Höhlen angelegt. Nur wenige Wohnungen sind bis heute noch bewohnt. Oft sieht man noch angelegte Obstgärten mit Apfelbäumen, Melonen und viele Weintrauben.



Türkei IV - Anatolien

25.08.2007 - 14.09.2007
Nachdem wir Kappadokien hinter uns gelassen hatten, hatten wir gleich am Abend das Glück von einer türkischen Familie eingeladen zu werden. Zum einen Glück, da wir so das Leben einer türkischen Grossfamilie kennenlernen konnten. Zum zweiten, da wir das riesige Unwetter, das an diesem Abend über Kayseri zog, nicht in unserem Zelt miterleben mussten. Es war ein sehr schöner und auch interessanter Abend. Aischas Familie war aus Deutschland zu Besuch und daher war das Haus der Grosseltern voller Verwandschaft. Ich verbrachte einen grossen Teil des Abends mit den Frauen, während Andre bei den Männern war. Beim Abendessen sass ich mit den Frauen auf dem Boden, zwischen uns riesige Tablets voll mit allerlei Leckereien. Später wurde eine Steppdecke gefüllt mit Schafwolle für die Aussteuer mit der Hand genäht. Für riesige Belustigung sorgte die Touristin, die alles fotographisch festhalten musste. Ein schöner Abend… Am nächsten Tag ging es nach einem superleckeren und sehr reichhaltigen Frühstück weiter. Und auch an diesem Tag sollten wir Glück haben. Kurz vor einem weiteren Gewitter erreichten wir eine grosse Tankstelle mit Restaurant. Tankstellen sind für uns die modernen Karawansereien und wir zelteten oft an ihnen, hier gibt es Wasser sowie Toiletten und die ganze Nacht ist jemand in der Nähe, da sie 24 Stunden geöffnet haben. Der Tankstellenbesitzer liess uns in einem Raum über der Tankstelle schlafen, der eigentlich für die Angestellten gedacht ist. Und im Restaurant wurden wir aufs herrlichste bewirtet ohne einen Cent zahlen zu dürfen!!! Das Frühstück und auch ein Lunchpaket durften wir am nächsten Morgen nicht ausschlagen. Die türkische und auch die kurdische Gastfreundschaft überwältigten uns immer wieder.
Noch vor Malatja wurden wir in “Kurdistan” begrüsst. Das war viel früher als wir erwartet hatten. Viele Kurden haben einen wahnsinnigen Stolz auf ihre Abstammung und sie erwähnen es gerne. Zum Beispiel sagte uns jemand, als wir auch mal die Cay Rechnung begleichen wollten: ” Nein, nein, du bist hier in Kurdistan, nicht in der Türkei.” Auch wenn es uns in der ganzen Türkei gefallen hat, müssen wir doch noch einmal betonen, dass die Kurden absolut gastfreundschaftlich und hilfsbereit sind. In den Dörfern wurden wir oft in deutsch angesprochen und uns wurde Hilfe angeboten. Sowieso sollte man unbedingt das Dorfleben hier kennenlernen. Für eine Frau zwar ungewohnt, da man ganz alleine mit vielen Männern im Teehaus sitzt, aber als Touristin wird man dort ohne Probleme akzeptiert. Normalerweise treffen sich die Frauen zu Hause, getrennt von den Männern. Ich habe mir allerdings gleich nach dem Verlassen von Kappadokien, wo noch viele Touris sind, angewöhnt, sofort wenn ich vom Rad steige eine lange Hose überzuziehen. Es gibt hier zwar noch keine Regeln, wie im Iran, aber auch als Tourist sollte man Traditionen respektieren.
Je weiter wir nach Osten kamen, desto mehr schienen sich die Leute über den Besuch von Touristen zu freuen. Von überall her schallte es: “Hello!” oder “Hello Tourist!”. An den letzten beiden Tagen, bevor wir den Lake Van ganz im Osten der Türkei erreichten, war es so extrem, dass es schon anstrengend war, jeden zurückzugrüssen. O-Ton Andre: “Wir sind doch keine Popstars.” Leider wurde der Ton einiger Kinder manchmal etwas agressiv und sie forderten Money. Aber wir erfuhren, dass oftmals die Kinder keine Schule besuchen. Sie wissen sich oft nicht zu verhalten. In Mus, der zweitärmsten Provinz der Türkei, wo es noch erlaubt ist mehrere Ehefrauen zu haben und es Ehrenmord gibt, waren einige Kids, ca. 12 Jahre alt, am Strassenrand und sie grüssten sehr nett. Aber womit sie beschäftigt waren, jagte uns einen Schauer über den Rücken. Dort lag ein Esel, dessen Kehle durchschnitten war und einer der Jungen hatte ein grosses Stück Bauchfleisch in der Hand. Andre: “Dort gibt es heute Eseldöner.” Dazu sollte man wissen, dass in ganz Anatolien immer wieder Esel, Kühe oder auch Pferde herrenlos über die Strasse trotten. Daher nehmen wir einfach mal an, dass dieses arme Tier angefahren wurde und die Jungs es netterweise von seinen Leiden erlöst haben. Im Osten “ Kurdistans” änderte sich aber noch etwas anderes. Die Jandarma ist hier sehr präsent und wir mussten einige Kontrollposten passieren. Zwischen Kappadokien und Lake Van hatten wir sehr mit unserem eisernen Willen zu kämpfen. Wie auch andere Radfahrer schon zuvor hatten wir sehr an den Berg- und Tal-Fahrten Anatoliens zu knabbern. Und es war eine Herausforderung, sowohl an unsere Psyche wie auch physisch. Doch wir wurden belohnt. Die Landschaft ist fantastisch. Zwar sind die Berge fast vollständig ohne Baumbewuchs, aber die Weite bietet wunderschöne Ausblicke. Und an unserem letzten Tag vor Lake Van lief es wie geschmiert. Überrascht davon, wie flach es plötzlich war, hatten wir nicht einmal mehr die Zeit für eine Wasserpause anzuhalten. So fuhren wir diesen Tag 140 km bis zu unserem Ziel Tatvan. Wo wir im dunkeln mit Hilfe der Einheimischen ein Hotel fanden. Dazu muss man sagen, dass es in der Türkei mittlerweile schon um halb acht dunkel ist. In Tatvan liessen wir uns auf den 2500 m hohen Nemruth Dagi bringen. Ein erloschener Vulkan, wo wir eine Nacht zelteten und am Lagerfeuer auf einem selbst gebastelten Grill Leckereien zubereiteten. Mit einer Eisenbahnfähre überquerten wir 3 Tage später den Lake Van und von dort ging es nördlich in 3 wunderschönen Radfahrtagen zum Ararat. Auf dem Weg dort hin waren wir teilweise nur 10 km von Iran entfernt. Eine Nacht verbrachten wir in einem ganz kleinen Dorf, wo die Einheimischen, wie oftmals in Anatolien, ihren Ofen im Winter noch mit Kuhfladen heizen. Am Morgen kamen Frauen und Mädchen des Dorfes zu unserem Zelt und brachten uns selbstgemachten Schafskäse und sebstgebackenes hauchdünnes Brot. Mmmmh lecker! Nach diesem ausgiebigen Frühstück waren wir motiviert für den 2644 m Pass, der uns bevorstand. Oben angekommen feierte ich unseren Erfolg mit meinem ersten Platten auf dieser Reise. Direkt hinter dem Pass erwartete uns der überwältigende Anblick des 5192 m hohen Mount Ararats mit seiner Gletscherspitze. Gänsehautfeeling! Angekommen in Dogubayazit richteten wir unser Campinglager unterhalb des Ishakpasa Sarayi ein. Der Palast diente dazu, die vorbeiziehenden Karawanen zu beobachten und ihnen Wegezoll abzuverlangen. Am nächsten Tag trafen wir unseren neuen Weggefährten John. Wir trafen ihn bereits in Istanbul und blieben bis hier in Emailkontakt. Nun wollen wir gemeinsam die iranische Grenze überqueren.



Iran I

16.09.2007 - 26.09.2007
Seit dem 16. September sind wir nun im Iran. Von Dogubeyazyt ging es, gemeinsam mit John, die letzten 35 km zur Grenze. Schon hier gab es die ersten Veränderungen zu den vorangegangenen Grenzübergängen, die wir bisher überquert haben. Lange LKW-Schlangen warteten auf beiden Seiten der Grenze auf Durchlass und viele Reisende, die mit dem Bus unterwegs waren, mussten aussteigen und die Grenze zu Fuss überqueren. Noch bevor wir die Türkei verliessen, wechselte Judith ihr Outfit von kurzen Radfahrhosen und Trikot auf lange Hose, Hemd und Kopftuch. Auch John und ich zogen lange Hosen über unsere Radfahrhosen. An der Passkontrolle wurden wir dann von einem Touristenbeauftragten abgefangen und persönlich im Iran willkommen geheissen! Dieser erledigte dann auch unsere Einreiseformalitäten und begleitete uns zur Bank, wo wir aus 300 Euro 3,787 Mio. Rial machten. Als frisch gebackene Millionäre verliessen wir die Grenze und machten uns auf den Weg in das wohl bisher am meisten umstrittene Land auf unserer Reise...
Gleich am ersten Tag mussten wir uns auf Veränderungen einstellen. Seit einer Woche ist Ramadan, in dieser Zeit dürfen die Moslems von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang weder esen, trinken oder rauchen. Uns wird zwar gestattet zu essen, da wir Reisende sind und durch das radeln Sport treiben. Es stellte sich aber zunächst das Problem, überhaupt etwas zum Essen zu bekommen, da viele Geschäfte und Restaurants in den ersten Orten geschlossen waren. So fiel die erste Mahlzeit im Iran etwas dürftig aus (Kekse und Kekse...).
In den ersten Tagen waren wir eher enttäuscht, da sich in vielen Orten endlose Garagenreihen aneinander reihten, in denen LKWs repariert werden. Dementsprechend dreckig und verkehrsreich waren dann auch die Strassen. Wir hatten uns eher eine Landschaft aus Tausend und einer Nacht vorgestellt, mit Moscheen, die gekrönt von goldenen Kuppeln sind. Den ersten Stop legten wir Tabriz ein. Hier gibt es einen der ältesten Bazare im Mittleren Osten. Mit einer Fläche von einem Quadratkilometer und ca. 7000 Geschäften ist er auch einer der wichtigsten Handelspunkte. Als wir Tabriz am nächsten Morgen verliessen, mussten wir uns den ganzen Tag eine endlose Steigung hinaufquälen und da das noch nicht genug war, gab es noch den passenden Wind gratis dazu... Doch an diesem Tag fiel uns auf, dass die Menschen immer freundlicher und aufgeschlossener wurden. So kam es immer wieder zu Situationen, in denen Autofahrer auf der zweispurigen Strasse abbremsten, um einen kurzen Schnack mit uns beim Fahren zu halten. Auf dem Weg nach Qazvin hatten wir dann noch drei sehr nette Einladungen zum Übernachten bei Einheimischen und viele nette Begegnungen mit Iranern.
Heute sind wir einen Tag in Qazvin geblieben, es gibt wie immer viel zu tun und zu organisieren. John ist nach Teheran gefahren. Dort will er versuchen, sein abgelaufenes Visum für Pakistan zu verlängern, da er mit dem Rad durch Pakistan will. Wir werden uns in einigen Tagen in Qom wiedertreffen. Für uns alle ist im Moment unklar, wie es nach Iran weitergeht, aber in Qom wissen wir dann hoffentlich mehr.



Iran II

26.09.2007 - 08.10.2007
Unsere anfängliche Skepsis ist gewichen. Der Iran ist super! Waren wir in den ersten Tagen von den nicht gerade ansprechenden Orten und den sehr zurückhaltenden Menschen etwas enttäuscht, hat sich in den letzten Wochen dieses Bild gewandelt. Aber nun der Reihe nach: Unser Ruhetag in Quazwin entwickelte sich zu einem Stresstag. Wir verbrachten den ganzen Vormittag damit, zwischen Touristeninformation und Reisebüro hin- und herzulaufen. Nachdem wir erfuhren, dass der Fährverkehr zwischen Iran und Indien vor einem halben Jahr eingestellt wurde, brauchten wir Informationen über Flüge nach Indien. Völlig entnervt beschlossen wir erst einmal, nach Qom zu fahren. Dort wollten wir von John erfahren, wie sein Aufenthalt in Teheran verlaufen ist, und ob er sein Pakistan-Visa hat. Der Wind meinte es seit langem einmal gut mit uns, und so rasten wir auf flacher Strecke in Richtung Saveh. Am Abend durften wir hinter einer kleinen Moschee zelten. Es brauchte allerdings einige Anläufe, das Zelt bei dem Wind aufzustellen. Mit der gleichen Geschwindigkeit erreichten wir am nächsten Tag schon mittags Saveh und konnten so in Ruhe die Stadt erkunden. Den Tag darauf erreichten wir Qom, wo wir John wiedertrafen. Wir wurden sehr von dieser Stadt überrascht. Als zweitheiligste Stadt Irans, zu der Muslime pilgern, erwarteten wir eine sehr konservative Stadt. Wir wurden jedoch sofort vom Gegenteil überzeugt. Männer sprachen Judith an, und Frauen hatten kein Problem damit, mich oder auch John anzulächeln und zu grüssen. Uns begegnete hier eine sehr freundliche und offene Atmosphäre, das genaue Gegenteil der beschriebenen Stadt im Reiseführer.
In Qom befindet sich die Grabmoschee von Fatima al-Ma`sume (die Reine), die in einem riesigen Moscheenkomplex liegt. Der Eintritt ist Nichtmuslimen meist nicht gestattet, und so brauchten wir einige Anläufe, um am Ende die Möglichkeit zu bekommen, mit einem Führer den Komplex zu besichtigen. Judith bekam einen Schador am Eingang geliehen, mit dem sie die ganze Zeit zu kämpfen hatte. Zwar hatte ihr eine irakische Frau beim Anlegen geholfen, doch rutschte er immer wieder hin und her. Der Führer erlaubte uns sogar, einige Fotos zu machen, aber zum Schrein kamen wir nicht, und so kehrte ich abends allein zur Moschee zurück und wurde auch ohne Probleme eingelassen. So konnte ich mir alles noch einmal ganz in Ruhe ansehen. Das Mausoleum ist mit Gold, Silber und Marmor verkleidet, und an dem grossen Schrein aus Silber gehen die Pilger vorbei, um ihn zu berühren oder auch zu küssen. In dieser Nacht versammelten sich tausende von Moslems im und um den Moscheenkomplex, um die ganze Nacht mit Beten zu verbringen. Am nächsten Tag ging es zu dritt weiter nach Esfahan. Wir nutzten die leere Autobahn, um dem starken Verkehr der Landstrasse, mit seinen stinkenden Trucks, zu entgehen. Esfahan ist unsere erste Stadt in Iran, in der wir eine längere Zeit mit Sightseeing verbracht haben. Ausserdem mussten Entscheidungen getroffen werden. Einen Flug zu buchen, kam plötzlich nicht mehr in Frage. Der Versuch, uns Geld von Deutschland überweisen zu lassen, schlug fehl. Durch das amerikanische Wirtschaftsembargo können in Iran keine Kreditkarten benutzt werden. Daher muss man Euro oder Dollar mit sich führen, um diese hier einzutauschen. Allerdings hatten wir nicht die 400 Euro für die Flüge einkalkuliert. Ein Tiefschlag, aber kurz darauf eröffnete sich eine neue Möglichkeit. Zwei Deutsche kamen vor vier Tagen mit einer Fähre aus Dubai. Also eine der Fähren, die nicht mehr ``existieren``. Und von Dubai aus gibt es anscheinend indische Handelsschiffe, die uns nach Indien mitnehmen könnten. Das also ist der neue Plan, und nun hoffen wir, dass das alles so klappt und nicht wieder wie eine Seifenblase zerplatzt. Nach dem Stress konnten wir endlich mit dem Sightseeingprogramm in Esfahan beginnen. Das absolute Highlight ist die safawidische Palastanlage. Sie besteht aus dem riesigen Meidan-e Imam Square, der nicht umsonst als Bauplan der Welt bezeichnet wird. An ihm liegen die Eingänge von 2 Moscheen, ein Palst und der Eingang zum 400 Jahre alten und 6 Kilometer langen Basar, an dessen Ende die fantastische Freitagsmoschee anschliesst. Esfahan ist Dank seines Flusses Zayande-Rud (Lebensspender) eine sehr grüne Stadt mit einer Vielzahl von Gärten und Parks. Überspannt wird der Fluss von mehreren historischen Bogenbrücken, die jede für sich eine Meisterleistung mittelalterlicher Ingenieure darstellen. Seit vier Wochen sind wir nun schon im Iran und mal abgesehen von unseren anfänglichen Schwierigkeiten sind wir absolut begeistert von der Offenheit, der Gastfreundschaft und der Neugierde der Menschen. Immer wieder wurden wir angesprochen, gegrüsst, eingeladen oder auch mit Kleinigkeiten beschenkt. Das Bild, dass uns durch die westlichen Medien vermittelt wird, stimmt absolut nicht mit dem, was wir hier erleben, überein! Morgen geht es für uns weiter in Richtung Yazd, allerdings zu fünft, da wir hier noch zwei holländische Radfahrer getroffen haben.



Iran III

10.10.2007 - 16.10.2007
Zu fünft ging es von Esfahan weiter nach Yazd. In dem Dorf Tudeshg, bei Mohammed und seiner Familie, verbrachten wir die erste Nacht. Er lud uns unbekannterweise bereits in Esfahan ein. An verschiedenen Abenden klingelte im Hostel erst für John, dann für Andre und auch für Erik und Cheerd das Telefon. Doch erst vor Ort verstanden wir ihr Anliegen. Seine Familie lädt seit Jahren alle Reisenden auf zwei Rädern zu sich nach Hause ein, um dem iranischen Negativimage entgegenzuwirken. Wir verbrachten einen schönen Abend. Immer wieder gingen Familienmitglieder ein und aus. Zum ersten Mal seit Monaten befanden wir uns in einem beheizten Raum. Was nicht heissen soll, dass hier deutsche Temperaturen herrschen. Am Tage ist es noch immer muckelig warm, schließlich sind wir in der Wüste, aber die Nächte kühlen sich - auf teilweise 2000 m Höhe - schon sehr ab. Mohammed heizte die Wohnung so sehr ein, dass wir Europäer total schwitzten, während gerade die Frauen, bekleidet mit langen Sachen, Kopftuch und Schador, sofort protestierten, wenn die Tür zu lange offen stand. Wie in vielen Dörfern Irans stand im Raum ein Knüpfrahmen, auf dem die ganze Familie, auch die Männer(!), innerhalb von ca. 2 Jahren einen großen Teppich knüpft, der dann exportiert wird. 5 Touris standen bewundernd daneben, als Mohammed uns diese Fingerfertigkeit vorführte.
Am nächsten Tag sahen wir unsere ersten Dromedarschilder und prompt liefen uns an diesem Abend noch welche vor die Kamera. Allerdings wurden sie in einer alten Karawanserei zum Schlachten gemästet. Neben dieser Karawanserei konnten wir unser Zelt aufschlagen. Mitten in der Wüste hatten wir einen traumhaften Sternenhimmel... In Yazd hatten wir das Vergnügen, Kamelgulasch zu probieren; auch gut: Kamelburger. Mc. Donald`s könnte sich davon eine Scheibe abschneiden. Am ersten Abend in Yazd feierten wir Johns 47. Geburtstag. Natürlich wurde nur mit unalkoholischem Erdbeerbier angestoßen. Nicht so empfehlenswert... Allein die Tatsache, daß wir an diesem Tag 150 km gestrampelt waren, verlangte nach einem richtigen Bier. Aber damit müssen wir bis Indien warten, da im Iran jeglicher Genuss von Alkohol untersagt ist. Morgens wurde John von uns bereits reich beschenkt. Da wir sein altes Capi für "auf" befanden, gab es ein Neues. Von den Holländern gab es eine Fahrradhupe. Sie hatten auf dem Basar mehrere gekauft, und so fuhren wir den ganzen Tag wie die kleinen Kinder hupend durch die Wüste. Damit machten wir den ewig hupenden Iranern Konkurrenz. Etwas Anderes gab es noch zu feiern: Ramadan endete an diesem Tag. Nun können wir endlich den ganzen Tag öffentlich auf der Straße schlemmen, zuvor mussten wir bis zum Sonnenuntergang warten. Wobei es außerhalb der Städte keine Probleme gab, da wir Reisende sind. Nur innerhalb von Ortschaften sollte man sich mit dem Essen ans Hotel halten. Zuerst als Notlösung gedacht, da alle Zimmer des Silkroad Hotels belegt waren, übernachteten wir in Yazd auf dem Dach. Allerdings gefiel es uns dort oben so gut, dass wir auch die restlichen drei Nächte den Ausblick über die Altstadt genossen. Das Hotel ist das mit Abstand beste unserer bisherigen Reise. Der Innenhof, gleichzeitig Restaurant und Teehaus, lädt zum Entspannen ein. Morgens gab es ein erstklassiges Buffet, das wir uns gerne täglich gönnten.
In Yazd mussten wir unsere Visa verlängern. Wir bekamen aber ohne Probleme weitere 30 Tage. Trotz einer Menge Tee trinkens und Backgammon spielens hatten wir auch in Yazd ein großes Sightseeingprogramm. Zuerst genossen wir den fantastischen Ausblick über die Altstadt vom Masjed-e Chaqmaq. Überall sieht man einstöckige Lehmziegelhäuser mit ihren Windtürmen und dazwischen Moscheen und Minarette. Durch das wüstenhafte Klima mit über 45 Grad heissen Sommern brauchen die Räume und das Wasser Kühlung. Die unzähligen zylinderförmigen Windtürme fangen durch schmale Öffnungen in der Spitze selbst den leichtesten Windhauch ein. Außerhalb von Yazd besuchten wir die zoroastrischen Bestattungstürme, auch Türme des Schweigens genannt. Zu Füßen der Türme stehen Gebäude für die Totenzeremonie und auf zwei Bergen je eine große Plattform, die von einer hohen Mauer umgeben ist. Auf diese Plattform legten die Priester ihre Toten. Den zoroastrischen Begräbnisriten liegt der Gedanke zu Grunde, dass Feuer, Wasser und Erde nicht beschmutzt werden dürfen; damit fallen alle gebräuchlichen Bestattungsarten flach. Seit ca. dem 3. Jahrhundert nach Christus wurden die Toten auf den Berg gebracht und dort Krähen und Geiern überlassen. Die Gebeine kamen danach in Knochenkisten. Allerdings wurde dieser Ritus 1970 aus hygienischen Gründen untersagt. Seitdem beerdigen sie ihre Toten in mit Beton ausgegossenen Gräbern. Gleich im Anschluss sahen wir uns den zoroastrischen Feuertempel an. 1940 wurde das heilige Feuer, das bereits 1500 Jahre ununterbrochen brennen soll, nach Yazd gebracht. Man kann es durch eine Glasscheibe betrachten. Nur den Priestern ist der Zugang erlaubt. Um Holz nachzulegen, müssen sie einen Mundschutz tragen. Der Gründer dieser Religion, Zarathustra (1200 v. Chr.), war einer der ersten Verkünder des Monotheismus. Es wird Ahura Mazda (Weiser Herr) verehrt, dessen geflügeltes Symbol man an vielen Stellen der Stadt sieht. Nicht zuletzt auch in Persepolis, dem ehemaligen persischen Königspalast, wo wir nach Yazd hinfuhren.



Iran IV

17.10.2007 - 30.10.2007
Zu dritt fuhren wir weiter nach Schiraz. Es war eine schöne Fahrt, auf der wir sehr häufig die Gastfreunschaft der Iraner kennenlernten. Dazu aber gleich mehr. In den 6 Fahrtagen nach Schiraz ist John, unser Plattenkönig, besonders zu erwähnen. Mit 6 Platten in 6 Tagen hält er den Rekord. Gefolgt von Andre mit 2 Platten in der gleichen Zeit. Das zerrte zwischendurch schon sehr an unseren und vor allem Johns Nerven. Vor allem, weil es nirgendwo einen neuen Schlauch in der richtigen Größe für ihn gab. Sonst können wir von keinen weiteren Problemen berichten. Abgesehen von dem ersten Tag, an dem es 60 km bergauf ging, war die Strecke weit weniger anstrengend als gedacht. Dabei war es eine der landschaftlich abwechslungsreichsten Strecken, die wir im Iran gesehen haben. Jeden Abend hatten wir Glück mit den Übernachtungen, ob es eine Einladung in ein Haus war oder Zelten an einer Tankstelle mit super Grünanlage. Unser dritter Tag war ein ganz besonderer. Den ganzen Tag über bekamen wir Obst und Kekse aus Autos gereicht. Als wir dann abends das Problem hatten, daß wir keine Übernachtungsmöglichkeit fanden und auch kein Wasser für die Nacht, wurden wir in einem Arbeitercamp eingeladen, die Nacht in einem Container mit warmer Dusche und Versorgung zu verbringen. Extra für uns fuhr Chef nach Hause, um uns sein Bett zu überlassen. Die iranische Gastfreundschaft ist wirklich unglaublich, immer wieder wird Hilfe angeboten.
Nach fünf Tagen erreichten wir unser erstes Ziel: Naqsh-e-Rostam, die Königsgräber. Es sind vier Gräber mit je 23 m hohen Kreuzarmen, die in die Felswand geschlagen wurden. Rings um die Gräber haben sich andere Könige als Relief verewigt. Sie zeigen sich z.B. in Schlachten oder bei der Unterwerfung ihrer Untertanen. Nur 5 Kilometer weiter liegt die persische Palastanlage Persepolis. Vieles ist heute zerstört, aber man kann sich noch sehr gut vorstellen, wie imposant sie einmal gewesen seien muss. Z.B. wäre da die riesige Empfangshalle, die 10000 Menschen Platz geboten haben soll. Sie wurde auf einer 3 Meter hohen Plattform errichtet. 36 etwa 20 m hohe Säulen stützten ein Dach aus Zedernholz. Heute sind nur noch 13 dieser Säulen erhalten, Lehmziegelmauern und Holz sind lange verfallen. Daher sind von den Palästen, dem Harem, dem Tor aller Länder nur noch die steinernen Elemente erhalten. Sehr eindrucksvoll ist eine Relieftreppe, auf der "die Welt der Männer" abgebildet ist. Es handelt sich um mehrere hundert Männer, die z.B. Tribute an ihren König abliefern. Überall in der Anlage findet man wunderschöne Reliefe und auch Steinfiguren. Als wir dort ankamen, hatten wir nur 2 Stunden Zeit, uns alles anzusehen. Aber da wir die Möglichkeit bekamen, unser Zelt direkt vor Persepolis aufzuschlagen, konnten wir am nächsten Morgen noch einmal hineingehen. Es war ein schöner Abend, die Säulen wurden etwas angestrahlt, und wir hatten einen Platz in der ersten Reihe.
Unsere letzten Kilometer bis Schiraz gestalteten sich - dank zweier Berge - schweißtreibend. Zudem war der Verkehr fürchterlich und wir schluckten einmal mehr jede Menge Abgase. Im Iran sind die ganzen Trucks und Busse unterwegs, die vor Jahrzehnten (oder Jahrhunderten) in Europa und den USA aus dem Verkehr gezogen wurden. John blieb nur einen Tag in Schiraz, bevor er nach Bandar Abbas aufbrach. Wir hatten noch viel in der Stadt zu erledigen, daher folgten wir ihm 6 Tage später mit dem Bus. Da wir ein schönes Hotel mit Innenhof fanden, konnten wir mal wieder unsere Räder säubern (wurde auch Zeit, letztes Mal geschah das in Istanbul). Selbst für das total verstaubte Zelt fanden wir hier Zeit. Im Prinzip war in Schiraz eine Grundreinigung fast aller unserer Sachen angesagt. Und nachdem Andre schon in Esfahan die Ketten gewechselt hatte, brauchten wir hier nach 8300 km zum ersten Mal neue Bremsen. Des Weiteren waren wir mit dem Verschicken unseres Anhängers beschäftigt. Da uns nach Iran keine Wüste mehr erwartet, wo wir damit rechnen müssen, eine Menge Platz für Wasser zu benötigen (wir erwarteten dies im Iran, aber es war überhaupt kein Problem, überall an Wasser zu kommen), und da der Umfang unserer Ausrüstung seit den ersten Tagen geringer geworden ist, können wir gut auf den Anhänger verzichten. Zuerst suchten wir einen überdimensionalen Karton, und wir hatten schnell Glück. Bei der Post wurde uns zuerst erklärt, es sei nicht möglich, so grosse Pakete zu verschicken. Aber wir haben schon oft gelernt, dass Hartnäckigkeit sich auszahlt. So wurde das Paket geroenigt (?) und danach neu in strahlend gelb verpackt. Für das Verpacken war ein einziger Beamter zuständig, und er hatte richtig gut zu tun. Sein Kollege durchsuchte währenddessen alle zu versendenden Pakete vor aller Augen. Knackte lustlos ein paar Nüsse (wo ich mich noch immer frage, warum man Walnüsse verschickt), oder hielt seine riesige Nase mal in die eine oder andere Tüte. Danach saß er nutzlos in der Gegend herum und sah seinem Kollegen in der Nase bohrend beim Verpacken zu. Wenn man Zeit hat, sollte man sich eine solche Truppe mal ansehen, aber Achtung - es wird 3 Stunden dauern, selbst wenn man eigentlich nur eine CD verschicken wollte.
Unser Sightseeingprogramm in Schiraz war eher beschränkt. Zum Einen liebten wir es, über den Basar mit seinen schönen farbigen Stoffen zu gehen. An den einzelnen Ständen hingen Käfige mit Nachtigallen, die für eine schöne Athmosphäre sorgten. Viele Frauen tragen unter ihrem Schador sehr knallbunte Sachen, und auch Frauen mit Gesichtsmasken haben wir hier schon gesehen. Diese taditionellen Gesichtsmasken werden in der Golfregion von arabischstämmigen Frauen getragen. Die ersten Araber in ihren weissen Gewändern vervollständigten dieses ganz neue Bild. In Schiraz konnte auch ich einen Schrein besuchen. Normalerweise sind die Schreine für Nichtmuslime verboten. Aber ein älterer Herr führte uns netterweise herum und bei dem jüngsten Bruder der in Qom liegenden Fatima durfte auch ich, verhüllt mit Schador, den Schrein besichtigen. Ein absolut prunkvoller Raum. Alle Wände sind mit Spiegelmosaiken verkleidet, in denen sich das Licht in verschiedenen Farben spiegelt. Mit dem Nachtbus fuhren wir zur Küste nach Bandar Abbas. Schon bevor wir einstiegen, wurden wir von Fereidoon eingeladen, bei seiner Tante Maria in Bandar Abbas zu wohnen. Überraschenderweise stellte sich am nächsten Tag heraus, dass besagte Tante nicht alt und grau war, sondern in unserem Alter. Wir verbrachten zwei sehr schöne Tage mit den beiden und genossen die absolut relaxte Stimmung. John kam einen Tag später an, und auch für ihn wurde noch ein Platz gefunden. Am dritten Tag verabschiedeten wir uns nach sieben tollen Wochen vom Iran. Unsere Fähre ging am Morgen, und zuerst sah es schlecht für John aus, so kurzfristig noch eine Karte zu bekommen. Am Ende saßen wir alle zusammen 8 Stunden in der ersten Klasse und schlugen die Zeit tot. Gebucht hatten wir die zweite Klasse, aber als wir die Fähre betraten, wurden wir sofort in die erste Klasse gelotst. Im Iran hat es Vorteile, einer der wenigen Touris zu sein.



Dubai

31.10.2007 - 08.11.2007
Die Fähre brachte uns über die Straße von Hormus nach Dubai. Es sind zwischen Iran und Dubai zwar nur 150 km, so liegen doch Welten dazwischen. Sind es im Iran die Religion und das Traditionelle, was den Lebensalltag der Menschen bestimmt, so sind es in Dubai das Geld und der Konsum.
Nachdem wir sehr schnell und problemlos den Einreisestempel in die Pässe gedrückt bekommen hatten, hieß es auf unsere Räder warten. In der Zwischenzeit wurden wir einzeln in das Büro der Einreisebehörde geholt, um Fragen nach unserer Reise, dem Grund dafür, Familienstand und den Namen unserer Eltern zu beantworten. Das war zwar eine etwas merkwürdige Begrüßung, aber da der Beamte ein sehr netter Mann war, haben wir es mit Humor genommen. Dieser nette Herr zeigte uns, nachdem wir unsere Räder hatten und John wieder einmal seiner Leidenschaft des Reifenflickens nachkam, dann anschließend auch noch den Weg zu unserem "Campingplatz". Die erste Nacht verbrachten wir mitten in der Stadt, in einem Park zwischen Fussball spielenden Jugendlichen. Nach einem Mitternachtsmahl ging es dann auch gleich schlafen. Dieser sollte aber nicht lange anhalten. Merkwürdige Geräusche weckten mich und nach einigen Sekunden hörte ich Wasser auf das Zelt prasseln. Wasser in Dubai, vom Himmel??? Ich machte das Innenzelt auf und stellte fest, daß es nicht von oben regnete, sondern ein Rasensprenger aus dem Boden kam und munter seine Runden im Vorzelt drehte. Ein lautes "Sch****!" riss John aus dem Schlaf, der völlig verdutzt aus seinem Zelt schaute. Ich nahm einen Becher, stülpte ihn über den "Regenmacher" und es herrschte wieder Trockenheit in Dubai...
Die nächsten Tage verbrachten wir damit, unser Visum für Indien zu beantragen, neue Schläuche für John zu organisieren und für Judith eine neue Kamera zu kaufen. Auch wir erlagen dem Konsumrausch und erkundeten einige der unzähligen Einkaufspassagen der Stadt. Es ist wirklich beeindruckend, was hier in den letzten 30 Jahren in die Wüste gebaut wurde. Z.Zt. sind rund 750.000 Bauarbeiter an 7 Tagen in der Woche rund um die Uhr damit beschäftigt, die Stadt der Zukunft entstehen zu lassen. Die Führung des Emirates Dubai hat sich das Ziel gesetzt, in der Wüste und auf dem Wasser eine futuristische Megacity zu bauen. Vor der Küste entstehen drei riesige Inseln, die die Form von Palmenblättern haben. Im Hinterland entsteht eine komplette Stadt mit Hochhäusern, Opernhaus und mehreren Jachthäfen. Zusätzlich zu diesem ganzen Bauwahnsinn bauen sie gerade an dem höchsten Gebäude der Welt. Die Konstrukteure halten sich noch mit genauen Angaben über die endgültige Höhe zurück, es sollen aber über 700 Meter erreicht werden! Um dem völligen Verkehrschaos entgegen zu wirken, entsteht ein komplett neues Metronetz. Um Fachkräfte aus aller Welt nach Dubai zu locken, werden auf die Löhne keine Steuern erhoben. Der gesamte Lohn fließt also in die eigene Tasche. Ein Traum für jeden Arbeitnehmer in Deutschland.
Unseren letzten Tag in Dubai vebrachten wir am Pool unserer Jugendherberge. Wir genossen die Abkühlung und konnten die Eindrücke der letzten Tage sacken lassen. Am 7. November ging es für uns dann mit dem Flieger nach Indien. John wollte noch einen Abstecher nach Oman machen, und wir wollen uns dann später in Indien wieder treffen. Uns steht also wieder ein völliger Wechsel der Kulturen bevor. Das nächste Mal dann also aus Indien...



Indien I

08.11.2007 - 20.11.2007
Nachdem wir schon lange nichts mehr geschrieben haben, nehme ich mir heute besonders viel Zeit, um Euch von unseren ersten zwei Wochen in Indien zu berichten. Wir brauchten eine Menge Zeit, um uns zu aklimatisieren. Indien war ein großer Schock. Mitten in der Nacht landeten wir in Ahmadabad, eine Industriestadt in der Region Gujarat. Wir hatten in dieser Nacht Glück und fanden ein schönes Guesthouse, noch bevor wir in die Stadt hätten fahren müssen. Nachmittags wollten wir unsere Suche nach einer Bank, einem Buchladen und einem Lebensmittelladen starten. Wir fuhren also mit dem Rad los. Es war nicht möglich, irgend etwas zu finden. Ahmedabad besteht aus einer Menge Slums; Menschen, die in der Gosse schlafen; viele heilige Kühe, die sehr gelassen durch den hupenden, dichten Verkehr (Fahrräder, Tuk-Tuks, Busse, Autos, Kamelkarren und Elefanten) laufen. Nicht zu vergessen: eine Menge Müll, in dem Wildschweine, Hunde und Kühe nach Nahrung suchen. Zwei Stunden lang ließen wir uns vom Verkehr mitzerren, danach gaben wir die Suche auf. Außer einem funktionierenden Geldautomaten gab es nichts für uns. Es gibt einfach keine Lebensmittelläden, wie gewohnt. Das Obst wird mit Karren durch die Straßen geschoben, und ein paar wenige Lebensmittel gibt es in ganz kleinen Läden. Was es überall gibt, sind Verkaufsstände, an denen frittierte Taschen, wie zB. Samossa, angeboten werden. Aber zu denen muss man erst einmal Vertrauen aufbauen. Erledigt kehrten wir in unsere Oase der Ruhe zurück. In dem riesigen Garten konnte ich Streifenhörnchen und Papageien beobachten. Am Abend brachte uns unser Guesthousebesitzer persönlich mit seinem Motorrad zu einem Restaurant. Dort konnten wir eine der guten Seiten Indiens genießen. Indiens Essen, meist vegetarisch, ist so gut und günstig, daß es sich absolut nicht lohnen würde, zu kochen. Am nächsten Tag verließen wir die Stadt. Gleich zu Beginn begegnete uns eine Affenfamilie, die in aller Ruhe am Staßenrand saß. Auch sonst gab es eine Menge zu fotografieren, die Natur erinnert an Afrika. Die Frauen mit ihren wunderschönen Saris tragen oft Krüge, riesige Holzhaufen oder Schalen auf ihren Köpfen. Ich bin dankbar für meine neue Kamera, mit der ich diese wunderschönen Bilder festhalten kann. Am Abend fanden wir ein für Indiens Verhältnisse nobles Hotel, doch die Nacht war fürchterlich. Vom Abend bis zum Aufstehen gab es Raketen und extrem laute Knaller, die uns vom Schlafen abhielten. Erst im Laufe des Tages erfuhren wir, daß sie Neujahr feierten. Aber in den ganzen zwei Wochen Indien hatten wir noch nicht einen einzigen Abend ohne irgendwelche Silvesterraketen. Es scheint, dass irgendwer immer irgendetwas zu feiern hat. Überall sieht man immer Menschen; glaubt man sich in der Einöde allein, sieht man im nächsten Moment Leute aus dem Gebüsch kriechen. Es ist unglaublich! Die ersten Dörfer, die wir sahen, waren arm, vermüllt und dreckig. Öfter sah man auch mal jemanden ein Häufchen ins Dorf setzen. Eigentlich wollte man nur schnell weg. In Rajasthan änderte es sich zum Glück etwas. In der zweiten Stadt, Udaipur, verbrachten wir einen großen Teil unserer Zeit mit Ausruhen. Für uns stand fest: Wir werden Indien nicht lieben. Schon bald sahen wir, dass die Touristenstädte - abgesehen von den allgegenwärtigen, heiligen Kühen - viel sauberer sind, und die Herbergen zum Entspannen einladen. Die Armut ist aber auch aus den Städten nicht wegzudenken. An den Stadträndern die Slums, und im Zentrum sieht man Leute, die sich im Abwasserkanal waschen. Nie kehrt Ruhe in Indiens Straßen ein, und das war das Schlimmste für Andre und mich. Beide verbrachten wir je einen Tag nur im Zimmer, um Energie zu tanken. Nun können wir neu durchstarten und der Gedanke, daß wir für Ende Januar unseren Neuseelandflug gebucht haben, läßt uns die Zeit leichter genießen. Ja, richtig gelesen, wir haben entschieden, nach Nepal unsere restliche Zeit in Neuseeland zu verbringen. In den letzten Monaten sahen wir eine Menge verschiedener Kulturen, unser Kopf raucht. Was wir brauchen, ist Natur, Wildcampen und in Ruhe Radfahren. All das bekommen wir in unserem Traumland. Wir freuen uns schon sehr!!!

In der Hoffnung, bald wieder positiver zu schreiben...



Indien II

21.11.2007 - 10.12.2007
Fast 5 Wochen waren wir in Indien. Meine anfängliche Ablehnung wandelte sich, und so konnte ich die letzten Wochen geniessen. Bei Andre sieht das leider anders aus, er zählte die Tage bis zum Grenzübertritt rückwärts, aber auch er musste zugeben, dass sich ab Jaipur vieles zum Besseren wandelte. Fangen wir in Ajmer an: Dort trafen wir John, unseren geliebten Engländer wieder, und wir fuhren auch fast bis zur nepalesischen Grenze wieder gemeinsam. Andre und John fuhren von Ajmer mit dem Bus nach Puskar, zum alljährigen Kameltreffen. Ich blieb den Tag im Hotel und genoss es einmal, das Zimmer nicht verlassen zu müssen. Die Beiden sahen von den 50.000 Kamelen genau 5, da es der vorletzte Tag der Veranstaltung war und sich der Rest bereits wieder auf dem Weg in die Wüste befand. Aber in ganz Rajasthan - ein indisches Bundesland, in dem wir uns fast die gesamte Zeit befanden - werden Kamele überall als Lastentiere eingesetzt. Teilweise waren diesen edlen Tieren Muster ins Haar rasiert, oder sie waren bemalt. Einmal sahen wir eine Gruppe von 300 Kamelen, die von Treibern neben der Strasse entlang geführt wurden. Zurück zu unserer Fahrt: Von Ajmer dauerte es nur zwei Tage und schon starteten wir das nächste Sightseeingprogramm in Jaipur. In Rajasthan gibt es viele gewaltige Festungen, das ausserhalb Jaipurs befindliche Amberfort ist allerdings absolut renovierungsbedürftig. Knapp zwei Wochen zuvor in Jodpur besuchten wir Meherangarth, ausgestattet mit einer deutschen Audiotour war dieses Fort um ein Vielfaches interessanter. Nach abermals zwei Radfahrtagen (die Distanzen zwischen den sehenswerten Städten sind sehr gering, kaum zu glauben, dass wir trotzdem fast 1600 km in Indien gestrampelt sind) erreichten wir den Keoladeo National Park, ein Vogelschutzgebiet 60 km vor Agra. In der Jungle Lodge fanden wir eine schöne, ruhige Unterkunft, fernab von allen hupenden Tuk-Tuks. Leider hat es in diesem Gebiet seit zwei Jahren nicht mehr geregnet, daher sind die Seen im Park fast trocken und Wasservögel, für die der Park berühmt ist, nicht vorhanden. Wir fuhren mit unseren Rädern einen Nachmittag durch den Park, und obwohl wir wirklich nicht viel zu sehen bekamen, genossen wir die schöne Landschaft.
Zwischen Jaipur und Agra änderte sich das Erscheinungsbild der Dörfer so grundlegend, dass wir uns fragten, ob wir irgendwo eine Grenze überschritten hätten, ohne es zu bemerken. Die Dörfer waren meist ohne Müll, die Lehmhäuser so sauber, dass sie wie Puppenhäuser wirkten und alle Felder ordentlich bestellt. Das für uns Wichtigste aber war, dass der Verkehr bei weitem nicht mehr so katastrophal wie in den ersten Wochen war. Jaipur und auch Agra machen Werbung damit, dass sie besonders saubere und grüne Städte sind. Nur gibt es immer wieder Widersprüche. Direkt hinter dem Taj Mahal (angepriesen als das schönste Bauwerk der Welt) ist ein kleiner Tempel am Fluss gelegen. Dieser Platz und auch der Fluss dienen als Müllkippe. Der Witz ist, dass die Polizei sich Sorgen vor Anschlägen auf das Taj Mahal macht, daher ist viel Polizei in diesem Gebiet (in den letzten Wochen gab es einige Fahrradbomben in anderen indischen Städten). Seit dieser Zeit darf man nicht mehr um die Aussenmauer des Taj Mahal herumlaufen. Während wir also dastanden und mit der Polizei diskutierten, um doch noch die letzten 100m laufen zu dürfen, kam ein Typ mit einer Plastiktüte mit Müll, um sie vor aller Augen in den Fluss zu werfen. Dagegen hatte niemand etwas einzuwenden. Die Inder sind komisch!!!
In Agra verbrachten wir 4 Tage, in unserem Hotel waren auch Sonja und Aaldrick, die Beiden fahren mit dem Rad in 5 Jahren um die Welt. Wir hatten gemeinsam ein paar schöne Stunden und vielleicht treffen wir sie in Kathmandu noch einmal wieder. Wie auch John, der uns kurz vor unserem Neuseelandflug noch einmal in Kathmandu treffen will. Das Taj Mahal sparten wir uns für einen schönen Sonnentag auf. In der letzten Woche hielt sich den ganzen Tag über Nebel, der auch die Nächte kalt werden lässt. Und bei 13 Euro Eintritt (Einheimische bezahlen 20 Cent) überlegt man ganz genau, wann der richtige Zeitpunkt ist. Aber wir hatten Glück, bei herrlichstem Sonnenschein besuchten wir das Taj Mahal. 150 Fotos von einem Gebäude innerhalb von 3 Stunden! Und trotzdem reiht sich für uns das Taj Mahal in eine Reihe grossartiger Gebäude, die wir bereits in Istanbul, Iran und Dubai gesehen haben. Grossmogul Shah Jahan erbaute das Taj Mahal 1651 für seine Lieblingsfrau (er hatte über 80! Frauen) Mumtanz Mahal, die mit 38 Jahren bei der Geburt des 14. Kindes verstarb. Dass für den riesigen Marmorbau die umliegende Bevölkerung ausgebeutet und Shah Jahan noch vor der Fertigstellung vom eigenen Sohn abgesetzt und die letzten Jahre seines Lebens das Taj Mahal von seinem Verliesfenster aus betrachten konnte, wird nie erwähnt...
In Agra auch absolut erwähnenswert ist die Fatehpur Sikri, eine imperiale Stadt, die zwischen 1571 und 1584 von einem weiteren Mogul erbaut wurde. Wegen Wasserknappheit musste sie schon 16 Jahre später wieder aufgegeben werden. Wahrscheinlich ist das der Grund, warum die Stadt und auch der angrenzende Moscheenkomplex so gut erhalten sind. Nach unserem Agraaufenthalt fuhren wir noch einen halben Tag mit John zusammen, um uns an einem überfüllten Bahnübergang voneinander zu verabschieden. Wir fuhren ab dort auf kleinen, überraschend gut ausgebauten Nebenstrassen weiter in Richtung Grenze, und als wir am ersten Abend kein Hotel fanden, bekamen wir die Möglichkeit, bei einer indischen Familie zu übernachten. Unsere letzten 3 Radfahrtage bis Nepal waren wunderschön. Wir sahen riesige Vögel, eine Antilope, alte knorrige Bäume, Bambus- , Reis- und Rapsfelder. Und kurz vor der Grenze zum ersten Mal den Himalaya!




Nepal I

11.12.2007 - 22.12.2007
Bei Mahendranagar überschritten wir die Grenze nach Nepal. Nur ein kleiner Fußpfad führte in Richtung Grenze. Viele Nepalesen und auch Inder waren hier zu Fuß oder mit dem Motorrad unterwegs - oder auch große Menschenmmengen auf Pferdekarren. Auf einer engen Brücke standen wir auch promt eine Weile im Stau, da ein Auto versuchte, sich durch diesen Verkehr zu drängeln. Kurz danach sahen wir eine Schranke. Zum Glück müssen Nepalesen und Inder nicht überprüft werden, sie überqueren den Grenzposten ohne Kontrolle. So saßen wir allein bei dem indischen Grenzposten und mußten einige Ausreisepapiere ausfüllen. Danach ging es einen Kilometer lang ins Niemandsland, bevor wir zum nepalesischen Kontrollposten gelangten. (Eigentlich hätten wir das Häuschen nicht einmal gesehen, wir hielten nur an, da wir eine Touristeninformation sahen.) Als erstes beschäftigten wir uns mit den Visaunterlagen, zahlten 30 Dollar pro Person und hatten dann unser Visa für 60 Tage. Danach schauten wir in der Touristeninformation vorbei, in der wir viele nützliche Details erfuhren. Zum Beispiel, daß der erste Geldautomat 400 km entfernt ist und daß es überhaupt nur 4 im ganzen Land gibt. Zum Glück ahnten wir so etwas schon zuvor und hatten in Indien eine Menge 100-Rupie-Scheine gesammelt, mit denen man im ganzen Land bezahlen kann. Wenn nicht, hätten wir am nächsten Tag bis 11 Uhr (die Bankzeiten sind hier nur gut für die Angestellten) warten müssen, um Travellerchecks einlösen zu können. Außerdem konnten wir eine passable Nepalkarte kaufen, auch wenn die Entfernungen nicht ganz stimmen...
Sofort an unserem ersten Radfahrtag liebten wir Nepal. Es gibt nur eine Straße von West nach Ost, den Highway. Andres Gesicht war toll, als er feststellte, daß der Weg, auf dem wir uns befanden, der sogenannte Highway ist. Ich war bereits durch die Website anderer Radreisender vorbereitet. Es handelt sich lediglich um eine wirklich kleine Straße ohne Fahrbahnmarkierung, auf der sich der gesamte Verkehr bewegt. Zum Glück gibt es nicht viel Verkehr im Terai (das Terai ist das fruchtbare Gebiet zu Füßen des Gebirges). Zwar fährt man durch viele kleine Orte, und es sind viele Einheimische mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs, aber die motorisierten Fahrzeuge halten sich in Grenzen. Was für eine Ruhe! Hinzu kommt die Freundlichkeit der Menschen. Von überall hört man das "bye-bye" der Kinder und den nepalesischen Gruß "Namaste". Wir fuhren durch wunderschöne grüne Landschaften mit Bananenstauden, hier und da Kakteen, Reisfeldern und zu unserer linken immer die Berge. Entgegen unserer Befürchtung ist es kein Problem, eine Unterkunft für die Nacht zu finden. Auch wenn es mal, wie in unserer zweiten Nacht, ein Schuppen mit einer Menge Spinnweben ist. Kurz vor dem Bardia Nationalpark trafen wir zwei bekannte Radfahrer wieder: Mit Erik und Tscheerd fuhren wir schon im Iran drei Tage zusammen und auch in Indien trafen wir uns zwei Mal. So fuhren wir auch die nächsten drei Tage mit ihnen.
Zuerst ging es durch den dschungelartigen Nationalpark, in dem eine herrliche Ruhe herrschte. Von hier lebenden Tigern und Leoparden sahen wir allerdings nichts. Die nächsten zwei Tage waren auch teilweise Dschungel und hier wurde es schon hügeliger, aber erst in Butwal bogen wir in die Berge ab. Wir rechneten mit drei harten Tagen bis Pokhara. Man könnte es aber auch ohne Probleme in zwei Tagen schaffen. Wir wollten den ersten Tag nur 40 km bis Tansen fahren, um uns dort einen schönen Urlaubstag zu gönnen. Tansen ist an einen Hang gebaut, mit Blick in ein schönes Tal. Wir fuhren den Berg höher und höher, da wir eine Unterkunft suchten mit schönem Ausblick. Es wurde ein langwieriges Unterfangen und wir bezweifelten, dass wir uns das Hotel auf der Bergspitze überhaupt leisten könnten. Nachdem auch ich mich nach oben gequält hatte, sagte Andre: "Schau mal ganz unauffällig nach links." Wow! Von hier aus sahen wir bereits die schneebedeckten, zwischen 7000 und 8000 Meter hohen Berggipfel des Annapurna Massivs, das bestimmt noch 200 km entfernt ist. Der Anblick, wie sie hinter den anderen Bergen hervorschauen, erinnert an ein computeranimiertes Bild. Wie erwartet war das Hotel teurer, aber da die nepalesischen Preise für Europäer sehr günstig sind, konnten wir uns einen schönen Urlaubstag gönnen. Danach brauchten wir noch anderthalb Tage bis Pokhara. Eine schöne Berg- und Talfahrt mit vielen schönen Ausblicken. Es war gut, mittags in Pokhara, Nepals zweitgrößter Stadt, anzukommen. Ein Hotel neben dem anderen, überall Restaurants, Bücher- und Ausrüstungsläden. In der Hauptsaison sind alle Hotels belegt und das ist bei der Masse schwer vorstellbar. Wir allerdings hatten die Qual der Wahl, daher stärkten wir uns vorher mit einem guten Mittagessen. Nach längerer Suche fanden wir etwas abseits im Pokhara Palace Hotel eine nette Unterkunft für die nächsten 6 Tage und von unserer Terasse haben wir einen schönen Blick auf die Berge. So verbringen wir unsere Zeit bis Weihnachten mit kleinen Tagestouren und einer Menge Ruhe.




Nepal II

26.12.2007 - 05.01.2008
Am zweiten Weihnachtsfeiertag ging es für uns weiter Richtung Chitwan National Park. Nach 6 Tagen, an denen wir fast nichts zu tun hatten, waren wir hochmotiviert. Wir überlegten, ob wir die 145 km - trotz Berg auf und ab fahren - an einem Tag schaffen würden. Am Ende mußten wir uns wegen der hereinbrechenden Dämmerung 15 km vorher eine Unterkunft suchen. Als wir am nächsten Tag ankamen, stellten wir fest, daß das alljährliche internationale Elefantenrennen noch nicht vorüber war. So machten wir uns gleich nach unserer Ankunft auf den Weg zum naheliegenden Wettkampfplatz. Womit wir nicht rechneten, war der riesige Ansturm der Nepalesis, die alle das Spektakel verfolgen wollten. Nachdem wir eine Ewigkeit gewartet hatten, startete zuerst der Elefantenfußball. Ein tolles Schauspiel, diese riesigen Kolosse dem Ball hinterherlaufen zu sehen. Nach drei Toren in der ersten Halbzeit verließen wir den Platz. Wir hatten keine Lust, in der Hitze wieder auf das nächste Spiel zu warten. Am nächsten Morgen besuchten wir das Elefantenwaschen. Die Touristen dürfen auch gerne mit den Elefanten in den Fluß springen und sich von den Tieren abduschen lassen. Hätte ich gewußt, daß der Fluß superwarm ist, hätte ich auch mit den Elefanten geplanscht.
Sonst gestalteten wir den Tag recht ruhig, denn am nächsten Morgen mußten wir früh aufstehen, da unsere zweitägige Dschungelexkursion schon um 6 Uhr morgens startete. Zuerst kam ein zweistündiger Ausritt mit einem Elefanten. Das Schöne daran ist, daß die Wildtiere nicht den Menschen, sondern den Elefanten sehen. Und so kommt man ganz nah an die Tiere heran. Wir hatten aber das Pech, daß sich an diesem Tag der Nebel bis nach 10 Uhr nicht auflösen wollte, und so sahen wir zwar einige verschiedene Arten Hirsche und Rehe, aber nicht die erhofften Nashörner. Nach dem Frühstück starteten wir eine einstündige Kanutour auf dem besagten warmen Fluß. Bald schon kam die Sonne raus, und wir sahen zwei sich sonnende Krokodile. In unseren zwei Tagen sahen wir zwei verschiedene Arten Krokodile. Diese Tiere liegen meist so ruhig, daß man meint, sie seien festgetackert. Als ich einmal für ein Foto recht nah stand, ging ich dem Kroko anscheinend auf die Nerven. Es warf seinen Körper in die Höhe und grölte laut, bevor es im Wasser verschwand. Ich hatte mich so erschrocken, daß ich rückwärts auf einen Baumstamm sprang und quietschte, wie es eben nur Frauen können. Eine viertel Stunde später gingen wir an mannshohen Gräsern vorbei, als uns ein Tiger anknurrte. Das Herz sank wieder in die Hose, obwohl uns unsere Guides versicherten, daß uns der Tiger nur warnen will, nicht näher zu kommen. 200 m weiter setzten wir uns 20 Minuten auf den Boden und warteten mit Kamera im Anschlag, ob der Tiger vielleicht aus dem Gebüsch kommt. Natürlich nicht! Aber eines durften wir schon am Tag zuvor sehen: ein Nashorn. Es stand in 50 m Entfernung und beobachtete uns. Leider geriet einer unserer Guides in Panik, da diese Tiere sehr aggressiv sein können. Er veranstaltete ein Theater, daß mit Sicherheit gefährlicher war, als wenn wir einfach nur ganz ruhig da gestanden hätten. Wir hatten aber trotzdem genug Zeit, das Tier eine ganze Weile zu beobachten. Sehr gut hat es uns gefallen, daß wir nur zu zweit mit den beiden Guides unterwegs waren und daß wir uns oft durch Dickicht schlugen. Auch wenn man dann nichts sieht, so bleibt es doch die ganze Zeit spannend.
Gleich am Tag nach der Wanderung, dem Silvestertag, fuhren wir wieder mit dem Radel weiter. Wir verschliefen in einer kleinen Stadt den Start ins neue Jahr. Der Neujahrstag wurde der Schwierigste unserer bisherigen Reise. Wir fuhren von 510 m ü. NN auf 2.533 m ü. NN. Es waren zwar nur 57 km, aber ich hätte schon nach der Hälfte das Handtuch schmeißen können. Den ganzen Tag schraubten wir uns die Serpentinen hinauf, währenddessen die Täler unter uns im Dunst lagen. Nachdem wir durch eine dichte Wolkenwand gefahren waren, kam kurz vor dem Pass die Belohnung. Nicht nur, daß die Wolken unter uns fantastisch aussahen. Wir hatten plötzlich einen sehr klaren Blick auf eine Menge schneebedeckter Berge - unter anderem dem Mt. Everest. Hinter dem Pass fanden wir eine Unterkunft in einem netten familiären Teehaus. Und am nächsten Tag begleiteten uns die wunderschönen Ausblicke noch bis zur Mittagszeit. Allerdings war die Straße auf den ersten Kilometern des öfteren sehr glatt und zuerst lag ich auf der Straße und wenig später auch Andre. Keine Chance, die Berge herunterzukacheln, wie wir es verdient hätten. Mittags erreichten wir die starkbefahrene Verbindungsstraße zwischen Kathmandu und Pokhara sowie die einzige Straße nach Indien. Einen Pass mußten wir noch einmal hochfahren, dann sahen wir die dreckigen Vorstädte von Kathmandu. Den Weg nach Thamel, ein Stadtviertel Kathmandus, mußten wir uns erkämpfen. Der Verkehr war schrecklich und ständig mußten wir nach dem Weg fragen, da es keine Hinweisschilder gab. Ein Motorradfahrer erbarmte sich bald und brachte uns bis fast zu unserem Hotel. Thamel besteht hauptsächlich aus Restaurants, Hotels, und einer Menge Internetbuden. Überall wird man angequatscht: Guide, Taxi, Haschisch... Daher beschlossen wir ziemlich schnell, sobald Andres Bruder da ist, mit dem Bus wieder nach Pokhara zu fahren - da wir dort sowieso am 09.01.08 unsere 10-tägige Annapurna-Basecamp-Wanderung starten wollen. Zuvor hatten Andre und ich aber noch die Zeit, uns den Durbar Square anzusehen. Von hier aus hat bis vor 100 Jahren der König regiert, außerdem befinden sich auf dem Platz viele hinduistische Gebäude, die wegen ihrer Holzschnitzereien sehenswert sind. Ganz in der Nähe ist auch noch ein kleiner buddhistischer Platz mit Tempel.

Wir melden uns, sobald wir den Weg wieder aus den Bergen gefunden haben.


Nepal III

06.01.2008 - 24.01.2008
Es ist ja schon etwas her, daß wir uns gemeldet haben, sorry Markus H., aber es ist soviel passiert, daß wir einfach nicht früher dazu gekommen sind. Zuerst einmal der aktuelle Stand. Wir sind seit dem 26.01.2008 in Neuseeland. Nach einem Horrortrip von fast 50 Stunden sind wir völlig erschöpft in Christchurch gelandet. Bevor es für uns aber zum zweiten Mal auf die Kiwiinsel ging, hatten wir noch eine sehr schöne Zeit in Nepal. Am 05. Januar bekamen wir Besuch von Reiner, der mit einer Verspätung von sieben Stunden in Kathmandu landete. Am darauf folgenden Tag ging es mit dem Bus nach Pokhara. Während der siebenstündigen Busfahrt - für schlappe 198 km - hatte Reiner die erste Gelegenheit, Nepal und seine Menschen kennen zu lernen. In Pokhara quartierten wir uns im selben Hotel ein, in dem wir schon bei unserem ersten Besuch waren. Dort hatten wir nun endlich Zeit, ausgiebig zu quatschen, sowie die mitgebrachten Weihnachtsgeschenke und Ersatzteile für die Räder auszupacken. Nach dem Genuß des echten deutschen Brotes waren wir gestärkt, um für die große Trekkingtour noch einige Sachen einzukaufen. Und schon am 08. Januar ging es mit unserem Guide, Suresh, los auf den Annapurna Basecamp Trekk. Der Einstieg begann mit endlos vielen, ungleichmäßigen Treppenstufen. Wir waren quasi sofort durchgeschwitzt, aber bereits nach einer Stunde wurden wir mit dem ersten von vielen schönen Ausblicken belohnt. Die ganzen nächsten Tage sollte es immer wieder bergauf und bergab gehen, gerade Ebenen gibt es in dieser Region nicht. Und es dauerte drei Tage, bis Judith ihren furchtbaren Muskelkater wieder los war. Hilfreich war ein ausgiebiges heißes Bad in einer natürlich Quelle, direkt an einem Gebirgsfluß gelegen.
Da uns die Höhe keine Schwierigkeiten machte, erreichten wir das 4130 Meter hoch gelegene Annapurna Basecamp schon am vierten Tag. Bei unserer Ankunft war es nebelig, so sahen wir zunächst einmal nichts. Kaum hatten wir die Eingangstür unserer Unterkunft hinter uns geschlossen, fing es an zu stürmen und der erste Schnee dieses Winters fiel. So saßen wir mit anderen Wanderern von Mittags bis Abends im Gemeinschaftsraum, unter dem Tisch ein Kerosinofen, und wagten uns nicht hinaus. Die Nacht wurde hingegen garnicht so kalt wie gedacht, obwohl wir morgens Schnee im Zimmer hatten, da Fenster und auch die Tür undicht waren. Als wir am nächsten Morgen zum Sonnenaufgang aufstanden, wurden wir mit einem blauen Himmel und einer blendend weißen Schneedecke belohnt. Unglaublicher Ausblick!!!
Am Tag zuvor sahen wir nicht einen Berg, und heute war das Tal von zehn 6000 bis 8000 Meter hohen Bergen umgeben. Direkt vor unserer Nase drei Gletscher. Noch am selben Tag stiegen wir wieder ab. Da das Camp in einer "Sackgasse" liegt, liefen wir zwei Tage den gleichen Weg zurück, bevor wir einen anderen Weg in Richtung Punhill gingen. Es kamen weitere Tage mit phantastischen Ausblicken und als wir am Punhill ankamen, konnten wir eine ganze Weile nur staunen. Von hier aus hatten wir einen Blick auf einen weiteren 8000er, den wir in den Tagen zuvor noch nicht sahen, außerdem konnten wir die tiefste Schlucht der Welt von hier sehen. Am gleichen Tag ging es danach dreitausend Treppenstufen (laut Guide) bergab. Nein, wir haben sie nicht gezählt!!! Und wir sind uns sicher, daß es an diesem Tag auch noch mehr Stufen waren. Am Ende waren wir bereits am 9. Tag zurück in Pokhara und nicht wie zuvor gedacht nach 10 Tagen, so konnten wir Reiner noch einiges in Pokhara zeigen, bevor es wieder zurück nach Kathmandu ging. Auf dieser Busfahrt hatten wir dann noch das Pech, einen Unfall auf Nepals Straßen mitzuerleben. In Nepal gibt es nur sehr wenige Straßen und wenn etwas passiert, hat man nicht die Chance, auf eine andere Straße auszuweichen. Bei dem waghalsigen Fahrstil der Nepalesen bleiben Unfälle nicht aus. Wenn etwas passiert, sperren die Einheimischen die Straße, um vom Unfallverursacher Geld zu erhalten, damit der Verunglückte sich z.B. das Krankenhaus leisten kann. Dadurch entstehen Staus und bevor die Steine wieder von der Straße geräumt werden, können 5,6,7,.... Stunden vergehen. In so einem Stau standen wir. Beim Eintreffen der Polizei freuten wir uns, da wir annahmen, daß es nun schnell geregelt wird. Aber die Polizei hat nur aufgepaßt, damit die ganze Situation nicht eskaliert. Allerdings hatten wir einen fitten Busfahrer, er besorgte einen anderen Bus der gleichen Firma auf der anderen Seite der Straßensperre und wir zogen alle mit unserem Gepäck um. Abends erreichten wir endlich Kathmandu. Am nächsten Morgen brachten wir Reiner dann auch schon wieder zum Flughafen. Unglaublich, wie schnell die gemeinsamen Tage vergingen und nach drei weiteren Tagen, die wir nutzten, um die Räder fit zu machen, fuhren auch wir zum Flughafen. Damit gingen sechs beeindruckende Wochen in Nepal zu Ende und die Zeit in Asien war für uns zunächst einmal vorbei.



Neuseeland I

26.01.2008 - 08.02.2008
Jetzt sind wir tatsächlich in Neuseeland. Das erste Mal, daß wir hier waren, ist ja auch schon drei Jahre her, und uns kommt es so vor, als sei es gestern gewesen. Nach den vielen, vielen Eindrücken, die wir auf unserem "Radeltrip" bis nach Nepal erfahren durften, wollen wir die letzten Wochen unserer Reise auf der Trauminsel für Radfahrer verbringen.
Wir sind nun schon wieder die dritte Woche auf dem Rad, doch bevor wir aus Christchurch starten konnten, hatten wir noch einigen Streß zu verkraften. Nach fast 50 Stunden (!!!) und viermaligem Umsteigen waren wir dann tatsächlich mal auf der Südinsel gelandet. Leider mußten wir feststellen, daß ein Teil unseres Gepäcks nicht mitgekommen war. Da wir bis zum Schluß auf unsere Klamotten am Laufband gewartet hatten und die Räder noch fahrbar gemacht werden mußten, dachten unsere Gastgeber, daß wir an diesem Tag nicht mehr kommen würden. Somit wurden wir dann auch nicht in Empfang genommen. Da standen wir also, völlig genervt, fertig und müde im Flughafen. Zum Glück konnten wir aber Maria und Duan erreichen, und die beiden holten uns dann auch gleich am Flughafen ab. Als sie dann von unserer Situation erfuhren, boten sie uns gleich an, so lange bei ihnen bleiben zu können, bis unsere Sachen wieder da wären. Die ersten beiden Tage verbrachten wir damit, einige Besorgungen zu machen, und ich hatte wieder einmal das Vergnügen, einen Zahnarzt aufsuchen zu dürfen. Das in Nepal eingesetzte Inlay hatte leider nicht lange gehalten.
Da unsere Klamotten auch am dritten Tag nicht auftauchten, fingen wir an, uns ernsthafte Gedanken zu machen und überlegten, wo wir die ganzen Sachen neu kaufen könnten. In dem verschwundenen Gepäck waren neben unserem Zelt auch noch Judiths Regenjacke und der Großteil ihrer Kleider. Abends klingelte dann das Telefon und eine sehr nette Dame vom Flughafen meinte, daß sie ein großes weißes Paket gesichtet hätte. Da ihr noch nie ein weißes Paket über den Weg gelaufen war, war sie sich ziemlich sicher, daß es sich um unseren Sack aus Indien handeln müßte. Sie sagte uns zu, daß am Abend ein Taxi mit unserem Sack kommen würde. Natürlich kam kein Taxi und wir hatten eine weitere unruhige Nacht (der Grund ist ja wohl jedem klar). Doch am nächsten Morgen war es dann tatsächlich soweit, Ostern und Weihnachten an einem Tag!!!! Wir konnten durchatmen und uns auf Neuseeland freuen.
Zwei Tage später stand dann das langersehnte Highlight für Judith an, ein Bad mit Delphinen. Seit wir das erste Mal hier waren und Judith leider zu spät von dieser Möglichkeit gehört hatte, wollte sie sich diesen Wunsch erfüllen. In Kaikura erwartete uns traumhaftes Wetter und die Delphine waren auch zahlreich am Start. Ausgerüstet mit Neoprenanzug, Schnorchel und Taucherbrille ging es dann ab ins Wasser. Als Zuschauer vom Boot stellte sich mir die Frage, wer eigentlich mehr Spaß an dieser Geschichte hat. Die Touris oder die Delphine?!?!?!?!?
Am nächsten Morgen ging es dann endlich - nach fast vier Wochen Pause - wieder auf die Räder. Es hieß Abschied nehmen von Maria und Duan, unseren supernetten Gastgebern. Danke noch einmal für die tollen Tage bei Euch. Wir folgten zunächst einem Stück der Ostküste, um dann landeinwärts in Richtung Mount Aoraki (Mt. Cook) zu fahren. Diesen haben wir bei unserem ersten Neuseelandaufenthalt leider nicht geschafft. Wir hatten traumhaftes Wetter, und so konnten wir den höchsten Berg Neuseelands in seiner ganzen Schönheit geniessen. Die nächste Zeit vebringen wir damit, die Strecken zu beradeln, die wir bei unserem ersten Besuch auslassen mußten. Ende April heißt es für uns dann Abschied nehmen von der Kiwiinsel. Ja, es geht nach Hause. Der Rückflug ist gebucht, und wir werden Ende April wieder in Deutschland sein. Aber bis dahin ist ja noch etwas Zeit, und die werden wir hier noch geniessen.



Neuseeland II

09.02.2008 - 23.02.2008
Was hatten wir für ein Glück mit dem Wetter beim Mount Cook, kaum fuhren wir zurück zur Ostküste, war der Himmel bewölkt, und es regnete immer mal wieder ein wenig. Unsere Fahrt ging nach Oamaru, eine schöne historische Stadt, an der zwei Pinguinkolonien nisten. Wir blieben zwei Tage und unternahmen vier Versuche, um die Pinguine zu sehen. Wir wußten nur, daß sie bei Dämmerung aus dem Wasser kommen, aber nicht die Uhrzeit - und so verbrachten wir Stunden damit, das Meer zu beobachten. Am zweiten Abend hatte ich Glück, ich fuhr allein noch einmal los und um halb zehn, es war schon ziemlich dunkel, sah ich ca. 11 von den blauen Pinguinen. Einer saß eine ganze Weile 2 m entfernt von mir und sang.
Danach konnten wir weiter fahren, zuerst zu den beeindruckenden Moeraki Boulders. Das sind Steine von 4 m Durchmesser, die durch vulkanische Aktivitäten geformt wurden. Kurz danach verließen wir wieder die Küstenstraße und fuhren über Land zu einer alten Eisenbahnstrecke, die zum Radfahrweg umgearbeitet wurde. Der Otago Railway Trail führt durch schöne Goldgräberdörfer. Als wir abends eine sehr graue Regenfront nahen sahen, fanden wir mit zwei anderen Radfahrern durch viel Glück ein renoviertes, leerstehendes Bahnhofsgebäude von 1900, in dem wir es uns in der regnerischen Nacht gemütlich machten. In dieser Nacht fiel Neuschnee, den man auf den höheren Bergen (die Schneefallgrenze in Neuseeland liegt bei ca. 1000m) der Umgebung sehen konnte.
Nach dem Ortago Rail Trail ging es für uns weiter in Neuseelands Funcity: Queenstown. Hier kann man so ziemlich alles machen: Bungee springen, Jetboot fahren, Hubschrauber fliegen... Wir enschieden uns für die günstige Variante des Wanderns. Oberhalb von Queenstown liegt ein wunderschöner Aussichtspunkt, von hier überblickt man die Berge und einen Großteil des riesigen Wakapitu Sees. Schon einen Tag später verließen wir wieder die Stadt für einen Abstecher nach Glenorchy. Die Gegend wurde uns immer wieder empfohlen, und auch wenn es eine Einbahnstraße von 50 km bedeutete, hat sich der Umweg mit seiner Sicht auf wunderschöne Schneeberge absolut gelohnt. In der Umgebung von Glenorchy wurden eine Menge Filmszenen zu "Herr der Ringe" gedreht. Allerdings wurde die Natur nicht durch einen Schilderwald verunstaltet, daher muß man die Filme schon sehr gut kennen, um die einzelnen Szenen wiederzuerkennen.
Auf Glenorchys Zeltplatz trafen wir eine Kanadierin, die uns von der Mt. Nichlas Backcountry Road vorschwärmte und uns dadurch zu weiteren 200 km Umweg brachte. Also strichen wir unseren freien Tag in Glenorchy und machten uns auf den Weg zurück nach Queenstown, um von dort mit einem Raddampfer und einer Menge Rentner auf die andere Seite des Wakatipu Sees zu fahren. Bei der Walter Peak Station startet der Schotterweg durch das private Farmland einiger Großbauern. Wir fuhren den Tag nur noch zehn Kilometer und verbrachten den Nachmittag am See, an unserem bisher schönsten Zeltplatz. Wir waren dort ganz allein, konnten im See baden und den Ausblick genießen. Abends war es so still, daß uns schon unheimlich wurde :-) Morgens ging es motiviert weiter. Den ganzen Tag sahen wir nur 5 oder 6 Autos, wir hatten ein paar nette Flußüberquerungen (Gott sei Dank hat es seit einer Woche nicht geregnet), der Schotter war gut befahrbar, das Panorama, mit dem Farmland eingerahmt von Bergen, war wie verspochen super, und wir hatten einen derben Rückenwind, der uns viel weiter als gedacht trug. Daher kamen wir auch schon einen Tag später, wieder auf normaler Straße, in Queenstown an. Auch diesmal blieben wir nicht lange, denn schon am nächsten Tag fuhren wir die Cordrona Range Road, das ist der höchste befahrbare Paß Neuseelands (und trotzdem nicht mehr als ca. 800 m hoch). Oben angekommen waren wir schon sehr durchgeschwitzt, aber die 40 km lange Abfahrt, fast bis nach Wanaka, entschädigte für alles. In Wanaka blieben wir wieder einmal einen Tag, da das Wetter nicht gut angesagt war und es für uns nun Richtung Westküste gehen sollte. Daß es sich um eine der regenreichsten Gegenden der Erde handelt, wo der jährliche Regen in Metern gemessen wird, sollten wir in den nächsten Tagen auch noch mal erleben, aber dazu später...




Neuseeland III

24.02.2008 - 12.03.2008
Wir starteten in Wanaka und hatten überraschend gutes Wetter, allerdings war der Wind so stark, daß wir an dem Tag nur die 60 km bis Lake Waranaki kamen. Am nächsten Tag holte uns das schlechte Wetter schon mittags ein. Wir fuhren den Haast Pass hinauf, ab hier spricht man von der West Coast, eine der regenreichsten Gegenden der Erde, wo der Regen jährlich in Metern gemessen wird. Wir waren bereits vor dem Pass durchnässt und blieben den Tag an einem halbwilden Campingplatz, da weitere 50 km bis zur nächsten Unterkunft nicht machbar waren. So saßen wir unterm Dach auf einer Bank und nachmittags konnten wir tatsächlich unser Zelt im Trockenen aufstellen, sowie einen kurzen Spaziergang durch den moosbewachsenen Regenwald mit seinen baumhohen Farnen machen. Am nächsten Tag sahen wir bei wieder gutem Wetter viele schöne Wasserfälle.
Am Foxgletscher, drei Tage später, wollte es zwei Tage lang fast gar nicht mehr aufhören zu regnen, dazu kam noch ein mächtiger Sturm. Ein Zelt nach dem anderen wurde abgebaut, glücklicherweise hielt unseres durch und wir konnten das Unwetter bei einer Menge Kaffee aus dem Gemeinschaftsraum heraus beobachten. Eine Wanderung zum Gletscher hatten wir schon gemacht und auch einen nächtlichen walk durch den Regenwald. Dort gibt es eine Menge Glühwürmchen und wenn man mit seiner Taschenlampe durch den Wald läuft, erinnert das sehr an Blair Witch Projekt (ein Psychofilm). Danach hatten wir wieder mehr Glück mit dem Wetter. Als wir die Westküste hinauffuhren, konnten wir alles mit schönstem Sonnenschein genießen.
Allerdings gibt es auf der Südinsel einen kleinen Wermutstropfen - kleine Fliegen, vom Aussehen her wie Fruchtfliegen, sind überall. Bei gutem und bei schechtem Wetter, wenn sie beißen, juckt die Stelle bis zu einer Woche. Die Maoris behaupten, Gott hat sie erschaffen, damit die Touris nicht allzu lange die schönen Stellen blockieren :-) Und wir hatten es an einigen Stränden tatsächlich eilig, unsere Fotos zu machen.
In Havelock trafen wir Jörn wieder, einen anderen deutschen Radfahrer, der uns das erste Mal in Queenstown über den Weg lief. Mit ihm zusammen radelten wir ein Stück in den Malborough Sound hinein und nahmen einige Tage später zusammen die Fähre auf die Nordinsel. Anderthalb Tage verbrachten wir in Wellington, der Hauptstadt Neuseelands. Wir besuchten das sehr interessante Nationalmuseum Te Papa. Gestern sind wir mit dem Bus aus der Stadt gefahren und haben zuammen in Waranaki in meinen Geburtstag hineingefeiert. Morgen starten wir wieder zu zweit mit der Erkundung der Westküste der Nordinsel.



Neuseeland IV

17.03.2008 - 14.04.2008
Unser letzter Tag in Neuseeland und auf dieser Reise. Unglaublich, wie schnell die Zeit vergeht. Andre und ich verbringen den Tag mit Abhängen in unserem kleinen Häuschen. Nach über zwei Monaten soll dies unsere erste Nacht in einem Bett werden. Außer an den ersten Tagen bei unseren Gastgebern in Christchurch haben wir immer gezeltet. Aber es regnet heute, und so soll es die nächste Woche bleiben (...schnell weg!). Da wir für 1 kg Übergepäck stolze 43 Euro zahlen sollen, ist uns sehr daran gelegen, alles möglichst trocken einzupacken. Außerdem haben wir so viele Sachen weggegeben, dass wir fast gepäcklos nach Hause kommen. Seit einiger Zeit sind wir schon nervös, da wir unsere Familien überraschen wollen und zu einem früheren Zeitpunkt auf der Matte stehen wollen als angekündigt.


Aber ich greife vorweg, zuerst sollte ich von unserem letzten Monat erzählen: Wir starteten in Wanganui, wo wir meinen Geburtstag feierten und fuhren zum Mt. Taranaki, ein an der Westküste gelegener, absolut symmetrischer Vulkan. Wir wollten fast den gesamten Berg umrunden, was zwei Tage dauerte und immer in Meeresnähe verlief. Leider hatten wir das Pech, daß der Vulkan fast immer im Dunst lag. Als wir den Surfhighway verließen, um zu einem Leuchtturm zu fahren, wurden wir eingeladen, unser Zelt neben dem Bootshaus aufzustellen. Abends machte Andre ein schönes Lagerfeuer am Strand. Aber die Langusten, die es hier bei Ebbe in Mengen gibt, konnten wir uns nicht holen. Die Flut war schneller als wir. Sind wir mal ehrlich: wir hätten eh nicht gewusst, wie man die zubereitet. Auf einem kleinen Zeltplatz in Te Kuiti verbrachten wir unser Osterfest. Mit Tokowha, dem Besitzer des Platzes, verbrachten wir zwei schöne Abende. Er ist Maori, das waren die ersten Siedler Neuseelands. Sie kamen ca. 1200 n. Chr. von Ostpolynesien. Er zeigte uns im Regenwald einige Heilkräuter und erzählte von seiner Kultur. Es war eine schöne Zeit, und hätten wir uns nicht nach 3 Tagen dort losreißen können, wären wir vielleicht bis ans Ende unseres Neuseelandaufenthaltes dort geblieben, aber wir hatten ja noch so viel vor, auch wenn bereits ein wenig die Motivation fehlte.


Ostersonntag fuhren Andre und ich zu den nahegelegenen Waitomo Caves, wo wir eine Blackwater-Raftingtour machten. Danach ging´s weiter nach Aukland. Wir kauften uns einen Stadtplan und fuhren ohne Probleme auf die andere Seite der Stadt ins Northland. Da die Stadt recht lang ist, zelteten wir auf einer Grünfläche im Jachtclub, bevor wir Aukland verließen. Im Northland strichen wir spontan alle Radfahrpläne und machten Urlaub. Zuerst verbrachten wir zwei Tage im Marine Reserve. Das ist ein Meeresschutzgebiet, in dem man schnorcheln kann. Wir liehen uns Neoprenanzug und Schnorchel und entdeckten die fantastische Unterwasserwelt. Danach kam das süße Nichtstun auf einem netten Campingplatz. Höhepunkt des Programms: im warmen Wasser des Thermalbades liegen. Ja, das ist Urlaub! Wir dachten zuvor nicht, dass wir zu so einer langen Zeit des Faulenzens fähig wären.


So sahen also unsere letzten Wochen in Neuseeland aus - und jetzt heißt es warten. Morgen um 15 Uhr sitzen wir im Flieger und wenn alles gut geht, sind wir dank Zeitverschiebung schon 24 Stunden (eigentlich 36 Stunden) später in Düsseldorf, wo uns Jürgen und Anna-Lisa für die nächsten zwei Tage Obdach geben wollen.